The Future of Bible Study Is Here.
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Endlich fand er noch Gelegenheit, den dem Sadduzäismus eigenen frivolen Zug mit heiligem Ernst zu züchtigen in dem Gespräch über die Auferstehung (Mk. 12, 18 ff.). So hat J. alle ungöttlichen Richtungen und Mächte in seinem Volk bekämpft und innerlich überwunden, ehe er ihrem gemeinsamen Ansturm zum Opfer fiel. Er kam in sein Eigentum und die Seinen nahmen ihn nicht auf (Joh. 1, 11) — dies ist der Eindruck, den das Bisherige auf uns macht; aber es fehlt auch die Kehrseite davon nicht: welche ihn aufnahmen, denen gab er Macht, Gottes Kinder zu werden (Joh. 1, 12). Die Worte Jesu hatten zeitweise auf manche die Wirkung, daß sie ihn tagelang aufseinen Wanderungen begleiteten (z. B. Mt. 15, 32), um recht viel von ihm zu hören. Andere trieb die Anhänglichkeit und Dankbarkeit, ihm längere Zeit zu folgen und ihm Dienste zu erweisen, so namentlich einige Frauen (Lu. 8, 1–3). Von vielen einzelnen, die J. bei irgend einem Zusammentreffen zu seinen Anhängern (,Jüngern’im weiteren Sinn) gewonnen, erfahren wir in den Evangelien wenig (Joh. 3, 1 ff.; 19, 38 f.; Mt. 26, 18; 21, 3). Dagegen erzählen sie uns viel von einem engeren Kreis von Jüngern, die J. in seine ständige Nachfolge berufen hat (vgl. „Apostel“). Er folgte damit dem Beispiel des Johannes wie schon der alten Propheten. Die Erzählung der Synoptiker, daß er einzelne von ihnen durch sein Wort „Folge mir nach!“ mitten aus ihrem Beruf und ihrer Familie herausgerufen hat (Mk. 1, 16–20), findet ihre wünschenswerte Ergänzung durch den Bericht des Johannes, wonach er dieselben schon vor früher her kannte (Joh. 1, 40 ff.). Die feste Ausscheidung der Zwölf erfolgt erst, nachdem die einzelnen schon einige Zeit in seiner Nachfolge gewesen waren — zu einer Zeit, wo zwar der Zudrang des Volks sehr groß war, aber auch die Feindschaft der Pharisäer schon einen hohen Grad erreicht hatte (Mk. 3, 13 f.). Gewiß war dabei die Absicht Jesu nicht bloß, sich Mitarbeiter für die große Ernte zu gewinnen (Mt. 9, 37; 10, 1 s. o.), sondern zugleich, gegenüber von kommenden Schwankungen der Volksgunst einen festen Kern von Getreuen sich zu schaffen, den Grundstock eines neuen Israels (daher die Zwölfzahl). Beide Zwecke aber machten es nötig, daß sie immer um ihn waren (Mk. 3, 14). Viele wichtige Reden sind speziell an den Jüngerkreis gerichtet; so wohl die Bergpredigt in ihrer ursprünglichen Gestalt (bei Matthäus ist sie erweitert, bei Lukas ist sie verkürzt), manche Gleichnisse, von andern jedenfalls die Deutung (Mk. 4, 10 ff.). Besonders aber scheint er gegen das Ende seiner galiläischen Zeit, als die Volksmassen von ihm abgefallen waren, sich der Unterweisung der Jünger gewidmet zu haben (Mt. 16–18). Einmal hat er sie auch je 2 und 2 ausgesandt als seine Gehilfen, um das Evangelium zu predigen (Mk. 6, 7 ff.). Von einer ähnlichen Aussendung von 70 Jüngern erzählt Lukas (10, 1); übrigens handelte es sich hiebei nicht um eine selbständige Predigt, sondern um eine Vorbereitung seines eigenen Kommens. Schwierig ist die Frage zu beantworten, wann die Jünger zur Erkenntnis kamen, daß J. der Messias sei. Nach dem Markusevangelium gewinnt es den Anschein, als ob erst die Frage Jesu: wer sagen die Leute, daß ich sei? und die andere: ihr aber, wer saget ihr, daß ich sei? (8, 27.29) in Petrus die Erkenntnis geweckt habe: du bist Christus. Dagegen erzählt Johannes, daß schon die ersten von Johannes dem Täuser zu J. übergetretenen Jünger in ihm den Messias erkannt haben (1, 41. 45. 49). Nimmt man alles zusammen, so ist das Wahrscheinlichste, daß die Jünger allerdings schon anfangs hofften, in J. den Messias gefunden zu haben, daß sein auch gegen sie zurückhaltendes Verfahren und der ihren Erwartungen ganz entgegengesetzte Verlauf seines Auftretens sie wieder bedenklich und zweifelhaft machte, wie ja auch Joh. der Täufer an ihm irre zu werden in Gefahr kam. Das Bekenntnis des Petrus, von dem auch Johannes erzählt (6, 69), war dann der gerade angesichts des Abfalls anderer errungene Sieg der alten Hoffnung, J. sei doch der Messias. Zugleich muß das Messiasbild selbst in den Jüngern eine allmähliche Wandlung erfahren haben: sahen sie anfangs in J. den, der zur rechten Stunde von Gott zum Messias erhoben werden würde, so erkannten sie später, völlig freilich erst nach seiner Auferstehung, daß er in seiner Niedrigkeit schon der Messias gewesen sei. An jenen falschen, irdischen Messiashoffnungen seiner Jünger hatte J. mannigfach zu tragen; damit hing auch ihr ehrgeiziges Streiten, wer der Größte sei, zusammen (Mk. 9, 34; 10, 35 ff.). Aber trotz ihrer Schwächen, trotz ihres Verzagens in den Stunden der Anfechtung, waren sie doch die reife Frucht des Wirkens Christi, der rechte Felsgrund für die Aufrichtung seiner Kirche. — 6) J. in den Händen seiner Feinde und am Kreuz. Lange schon hatte der Haß seiner Feinde Mordpläne gegen ihn geschmiedet. Die Pharisäer hatten sich mit Herodianern — sonst nicht ihren Freunden — beredet, was darauf hindeutet, daß sie schon an politische Verdächtigungen dachten (Mk. 3, 6, vgl. Mk. 8, 15; 12, 13). Ein andermal wollte Herodes die Pharisäer benützen, Jesum, der ihm unheimlich war, zum Verlassen seines Gebiets zu bewegen (Lu. 13, 31 ff.). In Nazareth drohte ein Auflauf des durch seine Worte erregten Volks ihm den Tod zu bringen (Lu. 4, 28 f.). Ebenso erzählt Johannes von verschiedenen Todesdrohungen und Anschlägen wider J. in Jerusalem (5, 16. 18; 7, 1. 25. 30. 32; 8, 59; 10, 31. 39). Neben den einfach vom Volk ausgehenden Angriffen sind es hier die „Hohepriester und Pharisäer“, d. h. das Synedrium (11, 47 Grundtext) die zweimal einen förmlichen Verhaftungsbefehl erlassen (Joh. 7, 32; 11, 57). Aber all diese früheren Plane hatten nicht zum Ziel geführt, teils weil J. zu hoch stand in der Volksgunst, teils weil er selbst auswich, im Bewußtsein, daß seine Stunde noch nicht gekommen sei. Daß aber diese Stunde kommen werde, hat J. klar vorausgesehen und deutlich vorausgesagt. Von andern noch dunkel andeutenden Worten abgesehen, erzählen die Evangelien namentlich von einer dreisachen Verkündigung seines Leidens und Sterbens im Angesicht seiner letzten Reise nach Jerusalem (Mk. 8, 31; 9, 31; 10, 33 f.). Nach einer Andeutung bei Lukas (9, 31) hat die Verklärung dem Herrn die letzte Gewißheit über dieses ihm bevorstehende Ende gebracht. Der feierliche Einzug Jesu in Jerusalem, verbunden mit dem Aufsehen, das schon die Auferweckung des Lazarus gemacht hatte (Joh. 11, 47 bis 53) und das die Tempelreinigung machte (falls sie wirklich hierher gehört — s. oben 5a — Mk. 11, 18), dazu die immer schärferen Angriffe Jesu (Mk. 12, 12. 38 ff.) trieben endlich das Synedrium zum Handeln. Denn nun war nur noch die Wahl, ihn als den rechten Messias anzuerkennen oder als falschen Messias zu verurteilen. Das Anerbieten des Judas (s. d. Art.) beseitigte die Bedenken, die einer öffentlichen Verhaftung am Fest entgegenstanden (Mk. 14, 10. 11). Eine rätselhafte Ungewißheit schwebt über den Tag der Gefangennahme und der Kreuzigung Jesu. Dem Wochentag nach war es jedenfalls ein Donnerstag, an dem J. gefangen genommen wurde, denn am Samstag, am Sabbat, ruhte er im Grab (Mk. 15, 42; 16, 1; Joh. 19, 31; 20, 1), am Freitag hing er am Kreuz. Dagegen erzählen die Synoptiker, daß J. an diesem Donnerstag abend das Passahlamm noch gegessen habe (Mk. 14, 12), während nach Johannes am Freitag die Juden sich scheuen, das Haus des Pilatus zu betreten, um sich nicht für das bevorstehende Essen des Passah zu verunreinigen (18, 28) Nach jenem wäre der Freitag, nach diesen der Samstag der 15. Nisan gewesen, an dessen Vorabend man das Passahlamm genoß. Die wahrscheinlichste Lösung ist die, daß J., einer vielleicht auch sonst vorkommenden Sitte sich anschließend, schon am Vorabend des 14. Nisan das Passahlamm genoß. Dafür spricht die auch bei den Synoptikern sich findende Bezeichnung des Todestags Jesu mit „der Rüsttag“ (Mk. 15, 42, vgl. Joh. 19, 14. 31), ein Ausdruck, der sich wahrscheinlich nicht bloß auf den folgenden Sabbat, sondern auf den damit zusammenfallenden ersten Tag des Osterfestes bezieht. — J. war über das Bevorstehende sich völlig klar. Das letzte Passahmahl mit seinen Jüngern verklärte er durch Einsetzung des Abendmahls zu einer Feier seines Opfertodes (s. Abendmahl). Daß er nicht bloß dem Haß der Feinde und der Macht der Finsternis erliege (Lu. 22, 53), hatte J. schon öfter ausgesprochen; es mußte so gehen, damit die Schrift erfüllet würde (Mk. 14, 49). Ja er hatte in einem denkwürdigen Wort es bezeugt, daß es zu seinem göttl. Berufe gehöre, wie er sein ganzes Leben dem Dienst der Menschheit gewidmet hatte, so es auch in den Tod hinzugeben als Lösegeld für die Seinen (Mk. 10, 45, vgl. Joh. 10, 17 f.). In Gethsemane erkämpste sich J. in heißem Ringen zum letztenmal die Gewissheit, daß es seines Vaters Wille von ihm verlange, diesen Kelch zu trinken (Mk. 14, 32 ff.). Er hatte wie die Tage vorher den Rückweg nach Bethanien angetreten, u. Gethsemane war auf diesen Gängen öfter schon eine Station gewesen, wo er sich noch mit den Jüngern aufhielt (Joh. 18, 1. 2, vgl. Lu. 21, 37); daher konnte Judas sicher vermuten, ihn auch diesmal hier zu treffen, und die Stille des Orts bot die beste Gelegenheit zur Vermeidung alles Aussehens. Judas hatte eine zusammengeraffte Mannschaft, aus Knechten seiner Auftraggeber bestehend, zur Verfügung (Mk. 14, 43). Ween nach Johannes auch römische Kohorte (Luther: „Schar“) mit einem Chiliarchen an der Spitze ausgerückt war (18, 3. 12), so geschah dies vielleicht, weil die von der Verhaftung in Kenntnis gesetzte römische Behörde einen doch etwa drohenden Aufstand im Keim ersticken wollte. J., in dessen Leidenskelch der Verrat des Judas und die nachfolgende Verleugnung des Petrus die bittersten Tropfen waren, wurde zuerst (nach Johannes) zu dem nicht mehr im Amt stehenden Hohenpriester Hannas geführt; derselbe war immer noch einflußreiche Persönlichkeit. Das hier über Jesu Jünger und Lehre stattfindende Verhör war nur ein Privatverhör, bot aber schon ein Vorspiel der Rohheiten, die den ganzen Prozeß Jesu begleiten (Joh. 18, 13 f. 19–23). Noch mitten in der Nacht wurde aber J. zu dem Hohenpriester Kaiphas geführt, der den Hohen Rat (das Synedrium) zusammenberufen hatte (Joh. 18, 24; Mk. 14, 53). Dies war die entscheidende gerichtliche Verhandlung. Wenn hier nicht sogleich die Messiasfrage in den Vordergrund gestellt wurde, so geschah dies sicher aus Rücksicht auf das Volk, dem man gerne schlagende Beweise vorhalten wollte, daß der angebliche Messias ein Gesetzesübertreter und Tempelverächter sei (Mk. 14, 55–59). Erst als ein Zeugenbeweis in dieser Richtung nicht gelingen wollte, ließ es Kaiphas darauf ankommen, ob J. sich feierlich zu seinem Messiastum bekenne. J. tat es — das einzige Mal, daß er vor diesem Gerichtshof den Mund öffnete — und fügte noch feierlich die Erklärung hinzu, daß er einst in Herrlichkeit erscheinen werde, gemäß der Danielweissagung, um seinen Richtern jeden Grund zu nehmen, sich an seiner jetzigen Niedrigkeit zu stoßen. Allein dem alles abschneidenden Ausruf des Hohenpriesters: dieses Bekenntnis sei eine Gotteslästerung, wagte niemand zu widersprechen, und eilends wurde das Todesurteil gefällt, entgegen der wohl damals schon gültigen Regel, ein solches immer erst am Tag nach der Verhandlung auszusprechen. Wie hoch aber bei vielen Mitgliedern des Hohen Rats der Fanatismus gestiegen war, zeigt die Tatsache, daß sie eigenhändig an den nun folgenden Mißhandlungen Jesu sich beteiligten (Mk. 14, 60–65). Die römische Oberherrschaft verlangte aber für sich die Bestätigung jedes Todesurteils, und so wurde J. in der Frühe des Freitags vor den römischen Prokurator geführt. Dieser wollte aber das Todesurteil nicht ungeprüft bestätigen (Joh. 18, 29 ff.). Und weil die Ankläger hier mit der rein religiösen Beschuldigung der Gotteslästerung nicht durchzudringen hofften, so stellten sie die politische Gefährlichkeit des vorgeblichen Messias in den Vordergrund (Lu. 23, 1. 2; Mk. 15, 2 f.; Joh. 18, 33). Aber Jesu Reden (Joh. 18, 34–38) und Schweigen (Mk. 15, 4 f.) machte auf Pilatus den entschiedenen Eindruck der Unschuld, jedenfalls der Ungefährlichkeit. Da Pilatus (s. d. Art.) aber Ursache hatte, sich mit den jüdischen Behörden nicht unnötig zn entzweien, so suchte er auf Hinterwegen um eine offene Entscheidung herumzukommen. Ein zufällig hingeworfenes Wort der Ankläger brachte ihn auf den Gedanken, den Galiläer J. dem gerade in Jerusalem anwesenden Herodes (Antipas) als seinem Landesherrn zu überschicken. Aber bald kam J. zurück, zum Spott in ein weißes Kleid gesteckt, wie einer, der sich um ein wichtiges Amt bewirbt (Lu. 23, 6–12). Als dies mißlungen war, wollte Pilatus die Sitte, Passahfeste einen Gefangenen loszugeben, benützen und hoffte, die Wahl zwischen Barrabas und J. könne nicht zweifelhaft sein. Aber hier griff nun das Volk in verhängnisvoller Weise in den Gang des Prozesses ein. Merkwürdig bleibt es, wie dieses noch eben erst von dem Hohen Rat selbst wegen seiner Anhänglichkeit an J. gefürchtete Volt plötzlich zu solchem Fanatismus gegen ihn aufgestachelt werden konnte — ein Beweis, was der vereinigte Einfluß der Priester und der Pharisäer auf das Volk vermochte, zugleich aber auch, wie richtig J. schon läingst über dieses wetterwendische Volk geurteilt hatte (Mk. 15, 6–14; Joh. 18, 39. 40). Bezeichnend für Pilatus ist es, daß nach all diesem von der halben Maßregel der Geißelung noch Erfolg hoffte (Joh. 19, 1–6, vgl. Mk. 15, 15–19; Lu. 23, 16); ebenso, daß, als er J. endlich doch losgehen wollte, daß Wort entschied: „läßt diesen los, so bist du bes Kaisers Freund nicht“ (Joh. 19, 12). So ging Jesu Wort in Erfüllung: sie werden ihn überantworten den Heiden, die werden ihn verspotten und geißeln und verspseien und töten (Mk. 10, 33 f.). Die Kreuzigung Jesu nahm um 9 Uhr morgens ihren Anfang (Mk. 15, 25 — danach ist die Angabe Joh. 19, 14 zu berichtigen). Zu den Qualen dieser Todesart (s. Kreuz) gesellte sich der Spott, und schwerer als beides die Anfechtung des Gedankens, daß Gott ihn verlassen habe und die Macht der Finsternis triumphiere (d. h. nicht über seine Seele, sondern über sein Werk, Mk. 15, 20–36). Aber wie in dem ersten der „sieben Worte“ — die Reihenfolge läßt sich übrigens nur durch Vermutungen herstellen — schon seine vergebende Liebe sich zeigte (Lu. 23, 34), so seine seelenrettende Liebe im zweiten (Lu. 23, 43), seine fürsorgende Liebe im dritten (Joh. 19, 26 f.), bis endlich im sechsten Worte (Joh. 19, 30) die welterlösende Liebe über alle Qual und Anfechtung triumphiert und im siebten der Friede Gottes die hinscheidende Seele umfängt (Lu. 23, 46). Zeugnisse seines Triumphes umgaben das Kreuz des Vollendeten: das Bekenntnis des römischen Hauptmanns (Mk. 15, 39) und die kühn sich hervorwagende Liebe eines Joseph von Arimathia und eines Nikodemus (Mk. 15, 42 ff.; Joh. 19, 38 ff.), dazu allerlei Zeichen in der Natur (Mt. 27, 51 ff.); die vorher so lärmende Menge ging mit geschlagenem Gewissen nach Hause (Lu. 23, 48). Der Leichnam Jesu fand in Josephs Garten sein Grab (Mt. 27, 60; Joh. 19, 41), und keine vom Argwohn der Juden aufgestellte Wache konnte es hindern, daß er am dritten Tag wahrhastig auferstand vom Tod (Mt. 27, 62–66; 28, 1 ff.; Mk. 16, 1 ff.; Joh. 20, 1 ff.). — 7) Auferstehung (s. d. Art.). Mit ihm ist sein Werk auferstanden, und bis auf den heutigen Tag legt die christliche Kirche davon Zeugnis ab, daß sie ihr ganzes Dasein und Leben ihm verdankt, seinem Leben, seinem Sterben, seinem Auferstehen. Diese einzigartige Wirkung, die von Christus ausgegangen, führt uns darauf, das Einzigartige seiner Person selbst noch genauer ins Auge zu fassen.
II. Christi Person. Suchen wir aus dem Lebensbild, wie wir es uns vorführten, das Einzigartige zusammen, indem wir die Winke der Apostel, die den sichersten Leitfaden bilden, beachten. Sie bezeugen, daß Christus in seinem ganzen Leben das war, was er als Ziel für die Glieder des Gottesreiches hinstellte: „vollkommem, wie der Vater im Himmel vollkommen, ist“. Einstimmig erklären sie ihn für sündlos — 2 Kor. 5, 21; 1 Pe. 2, 22; Hbr. 4, 15; 1 Joh. 3, 5. Seinen Feinden gegenüber konnte er ausrufen: Welcher unter euch kann mich einer Sünde zeihen? (Joh. 8, 46). Und — was noch schlagender ist — nirgends hören wir ein Wort der Reue oder Selbstanklage, auch wo er mit seinem himmlischen Vater redet, aus seinem Munde. Dieses Bewußtsein J., das von keiner Schuld etwas wußte, trägt den Beweis seiner Wahrheit in sich selbst, sofern es und nur die Wahl läßt zwischen hochgradiger Selbstverblendung, bezw. Heuchelei, und zwischen wirklicher Sündlosigkeit. Das einzige Wort Jesu, das man scheinbar dagegen anführen kann, Mk. 10, 18: Was heißest du mich gut? Niemand ist gut, denn der einige Gott — hat doch keinesfalls den Sinn, daß J. sich damit für einen sündigen Menschen erklärt; J. tadelt nur den gedankenlosen Mißbrauch des Wortes „gut“; denn der reiche Jüngling hatte ja keineswegs etwas Besonderes sagen wollen, als er J. „guter Meister“ anredete. Auch was man sonst an J. Handlungsweise schon bemängeln wollte, beruht auf Mißverständnis und falschem Urteil. — Merkwürdig ist, wie wenig die Apostel auf die Vollkommenheit der Natur Christi Rücksicht nehmen oder von den hohen Gaben reden, die ihn zur Vollbringung seines Werkes befähigten. Doch können wir nicht ganz daran vorbeigehen. J. besaß Eine große Gabe, der alle andern dienten, die Gabe, mit den Menschen umzugehen, auf sie einzuwirken — man kann kurz sagen, die Gabe der Seelsorge im umfassendsten Sinn; er war, wie er selbst sagte, „der gute Hirte“ (Joh. 10, 14). Dazu half ihm einerseits seine Menschenkenntnis, das Vermögen, die Menschen zu durchschauen (Joh. 2, 24 f.), andererseits die wunderbare Gewalt des Worts. Auch die Wunderkraft, soweit sie wirklich eine Gabe war (s. oben 5c), kann man eine seelsorgerliche Gabe bei J. nennen. Mit dieser seelsorgerlichen Gabe J. steht in inniger Harmonie sein ganzes Naturell — wenn wir es so nennen wollen —, das die größten Gegensätze in sich vereinigt: die zartfühlendste Milde (Mk. 5, 34; Lu. 7, 44 ff.) und die herbste Strenge (Mt 15, 3 ff.; 16, 23 usw.); die sicherste Ruhe (Mk. 4, 38 ff.) und den stürmischsten Eifer (Mk. 11, 15 ff.). All das ist freilich bei ihm nie bloß Naturell, sondern die volle Hingabe einer durchaus wahren Natur an die Anforderung der jedesmaligen Lage und Umgebung. Und das macht erst seine sittliche Vollkommenheit aus: die ungeteilte freudige Hingabe an seinen von Gott ihm verliehenen Beruf, das Reich Gottes zu gründen; vgl. Joh. 4, 34: meine Speise ist die, daß ich tue den Willen des, der mich gesandt hat und vollende sein Werk. Den Forderungen, welche das Reich Gottes an die Menschen stellt, kam er selbst zuerst nach: er führte ein Leben der Selbstverleugnung, verzichtete auf die gerechtesten Ansprüche (Mt. 8, 20), machte sich los von den festesten Banden des natürlichen Lebens (Mk. 3, 33), wo es sein Beruf verlangte. Unermüdet tätig bis ans Ende (Lu. 13, 32), hat er das Werk vollendet, ihm sein Vater gegeben (Joh. 17, 4) Auch in die schwersten Schickungen seines Vaters hat er sich gefunden, ohne Klage (Mk. 14, 36). Nie hat er seine eigene Ehre gesucht, sondern immer die Ehre seines Vaters (Joh. 8, 50). Menschenfurcht hat er nie gekannt, aber geliebt hat er alle Menschen, auch seine Feinde (Lu. 23, 34). Auch wo all sein Bemühen vergeblich schien, hat er doch Geduld geübt (Lu. 13, 6 ff.). Und nie hat sein Glaube an den Beistand Gottes zu all seinem Tun gewankt (Joh. 11, 42). So war er, wie es Paulus zusammenfaßt, „gehorsam bis zum Tode“ (Phi. 2, 8), und wie der Hebräerbrief sagt: „der Anfänger und Vollender des Glaubens“ (12, 2). Und doch reicht diese sündlose Vollkommenheit J. noch nicht aus, sein Werk, die Gründung des Reiches Gottes, zu erklären. Bei einem gewöhnlichen Menschen, würde man ihn auch ganz sündlos denken, wäre schon die Inangriffnahme dieses Werks, die Übernahme dieses Berufs undenkbar. Und die Sicherheit, mit der J. sich darin bewegt, müßte uns geradezu als maßlose Selbstüberschätzung erscheinen, wenn er eben nur ein sittlich vollkommener Mensch gewesen wäre. Wir müssen, den eigenen Worten J. und der einstimmigen Lehre der Apostel gemäß, weitergreifen und das einzigartige Verhältnis J. zu Gott als den allein genügenden Erklärungsgrund dafür ins Auge fassen. J. hat dieses einzigartige Verhältnis bezeichnet mit dem Sohnesnamen, den er sich Gott als seinem himmlischen Vatergegenüber beilegte. Der Gebrauch dieses Namens knüpft zwar an den alttestamentlichen Messiasnamen „Sohn Gottes“ (Mt. 16, 16; 26, 63) an und erinnert auch an die Bestimmung aller Himmelreichsgenossen, „Gottessöhne“ zu werden (Mt. 5, 9. 45). Aber bei J. liegt doch noch mehr darin, wenn er Mt. 11, 27 bezeugt: „alle Dinge sind mir übergeben von meinem Vater, und niemand kennt den Sohn, denn nur der Vater, und niemand kennt den Vater, denn nur der Sohn“. Der Ausdruck schließt ein gegenseitiges Verhältnis innigster Liebe und herzlichsten Wohlgefallens in sich; Zeichen davon treten uns überall entgegen, wo wir einen Blick in den Verkehr J. mit seinem himmlischen Vater hineintun dürfen, von jenem Wort im Tempel an (Lu. 2, 49) bis zum Gebet in Gethsemane, Mk. 14, 36. Vgl. ferner Mt. 11, 25 ff.; Joh. 17 und viele Stellen im Joh.-Evangelium, wo J. selbst von diesem Verkehr zwischen sich und dem Vater redet (5, 20; 8, 29. 54; 10, 17; 15, 9. 10). Daraus folgt weiter ein Eingeweihtsein Jesu in den göttlichen Ratschluß, das die Grundlage alles seines Handelns bildet und ihm den Charakter jener Sicherheit und doch zugleich völliger Gebundenheit verleiht; jenes „es muß also geschehen“, das auch unausgesprochen sein ganzes Wirken begleitet. Kraft dieses Eingeweihtseins kann er auftreten und sagen: „die Zeit ist erfüllet“ (Mk. 1, 15; vgl. das bei Johannes häufige: „meine Stunde“, 2, 4; 12, 23; 17, 1); er kann den Vater und die Geheimnisse des Gottesreiches offenbaren (Mt. 11, 27; 13, 11). Diesen Eindruck, daß wir durch den Sohn gleichsam dem Vater selbst ins Herz hineinsehen, hat namentlich Johannes aufs tiefste empfunden und in seinem Evangelium zum Ausdruck gebracht. „Wir sahen,“ schreibt er zusammenfassend, „seine Herrlichkeit, eine Herrlichkeit als des eingeborenen Sohnes vom Vater, voller Gnade u. Wahrheit“ (1, 14). „Wer mich siehet, der siehet den Vater“ (Joh. 14, 9). Daher kann das ganze Lebenswerk Christi bezeichnet werden als ein Offenbaren des Namens Gottes, oder als ein Verklären desselben (Joh. 17, 1. 6; vgl. 13, 32). Aber nicht bloß offenbaren, nein, auch ausführen darf er den Ratschluß Gottes zum Heil der sündigen Menschheit: alle Dinge sind mir übergeben von meinem Vater (Mt. 11, 27). Der Sohn ist vom Vater gesandt, um als sein Vertreter auf Erden zu handeln (Mk. 12, 6). Darauf ruht die unbedingte Gültigkeit all seiner Worte (Mt. 24, 35), die keineswegs nur Lehrworte, sondern vielfach Machtworte sind. Wichtig ist namentlich, daß J. die Sünde geradeso beurteilt und die Sünder geradeso behandelt wie Gott selbst. Sein heiliger unerbittlicher Ernst gegen die Sünde wie seine erbarmende und verzeihende Milde gegen den Sünder ist das völlig entsprechende Abbild der Gesinnung Gottes. In letzterer Beziehung ist das Gleichnis vom verlorenen Sohn äußerst bezeichnend, verglichen mit dem dazu anlaßgebenden Vorwurf: dieser nimmt die Sünder an (Lu. 15, 2). Seine Vergebung ist völlig gleichwertig mit der göttlichen und gilt im Himmel wie auf Erden (Mk. 2, 10). Alles Wirken Christi ist ein Abbild des göttlichen Wirkens (Joh. 5, 17. 19); und Gott hat den Abschluß all seines Wirkens auf Erden ganz dem Sohn übertragen (V. 21. 22). Und wie die von Christo gewonnenen Jünger Eigentum des Vaters sind, so sind sie auch Eigentum des Sohnes; Joh. 17, 10, vgl. 10, 28. 29. 30. Der Eindruck von dieser einzigartigen Einheit Christi mit seinem himmlischen Vater war in den Jüngern noch bedeutend verstärkt worden durch die Auferstehung und Himmelfahrt Christi und durch die Ausgießung des h. Geistes. Da hatte sich’s ja tatsächlich gezeigt, daß J. als Sohn Gottes auch vom Tode nicht gehalten werden konnte, sondern durch den Tod zur Rechten seines Vaters erhöht worden war (Ap. 2, 24. 33). Von dort aus hatte er zu weiterer Förderung des Reiches Gottes auf Erden, wieder in innigster Einheit mit dem Vater, den h. Geist gesandt (Ap. 2, 33, vgl. Joh. 14, 26; 16, 7). Von dort aus wird er, wieder als der Vertreter Gottes, erscheinen zur Vollendung des Reiches Gottes im Gericht (Mt. 25, 31; Joh. 5, 22). Dieser erhöhte Christus ist es, von dem Paulus bezeugt, daß aus seinem Angesicht ihm die Klarheit Gottes entgegengeleuchtet habe (2 Kor. 4, 6), und den er deshalb das Ebenbild Gottes nennt (a. a. O. V. 4, vgl. Kol. 1, 15). Gott wird von Paulus am liebsten „der Vater unseres Herrn J. Christi“ genannt, d. h. also der, dessen Wesen uns durch den Sohn geoffenbart worden ist, Rö. 15, 6; 2 Kor. 1, 3 usw. In „Christo“ oder „durch Christum“ fließen uns alle Wohltaten Gottes zu (vgl. z. B. 1 Kor. 1, 4; 1, 30). Wir haben — mit einem Wort — Gott nur in Christo (vgl. Rö. 8, 39: niemand „kann uns scheiden von der Liebe Gottes, die in Christo J. ist“), daher Johannes schreiben kann: Wer den Sohn leugnet, der hat auch den Vater nicht; wer den Sohn bekennet, der hat auch den Vater (1 Joh. 2, 23). J. Christus ist — so können wir alles Bisherige zusamnienfassen — der Sohn Gottes, d. h. er steht in einem einzigartigen innigen Verhältnisse zu Gott, kraft dessen er uns den Vater offenbart und den Vater uns gegenüber vertritt; er war dies, solange er auf Erden lebte; er ist es noch mehr, seit er zur Rechten Gottes erhöht ist. Seinem Wesen nach steht er zwar unter Gott, wie der Sohn unter dem Vater (Joh. 14, 28: der Vater ist größer denn ich; 1 Kor. 11, 3: Gott ist Christi Haupt, vgl. 3, 23; 1 Kor. 15, 28: es wird sich auch der Sohn selbst dem Vater unterwerfen, der ihm alles unterworfen hat). Aber er ist auch wieder Gott gleich, wie der Sohn dem Vater gleich ist (Joh. 5, 26: Wie der Vater das Leben hat in ihm selbst, also hat er dem Sohn gegeben; das Leben zu haben in ihm selbst; Hbr. 1, 3: Christus der Abglanz seiner Herrlichkeit, das Ebenbild [der Abdruck] seines Wesens; vgl. oben 2 Kor. 4, 4; Kol. 1, 15). Die Stellen, wo Christus geradezu Gott genannt wird, sind selten und teilweise bestrittener Auslegung. Nicht dazu gehörig ist 1 Tim. 3, 16 (Luther: Gott ist geoffenbart im Fleisch; richtige Lesart: welcher i. g. i. F.). Bestritten ist Rö. 9, 5, ob zu übersetzen ist mit Luther: aus welchen Christus herkommt nach dem Fleisch, der da ist Gott über alles, gelobet in Ewigkeit, oder (z. B. mit Weizsäcker): aus welchen der Christus stammt nach dem Fleisch — der da ist über allem, sei hochgelobet in Ewigkeit. Noch mehr bestritten ist Hbr. 3, 4: der aber alles bereitet, der (nämlich Christus) ist Gott, oder: das ist Gott (der Vater). Unsicher ist auch Joh. 1, 18 die Lesart: der eingeborene Gott statt Sohn. Sicher dagegen hat Thomas den Auferstandenen angerufen: Mein Herr und mein Gott! (Joh. 20, 28), und dieses Bekenntnis bildet den bedeutsamen Schluß des ganzen 4. Evangeliums in seiner ursprünglichen Gestalt. Sehr wahrscheinlich geht ebenso in dem Schluß des ersten Johannesbriefs (5, 20) das Zeugnis: „dieser ist der wahrhaftige Gott und das ewige Leben“ auf Christus und nicht auf den Vater. J. selbst hat nach Joh. 10, 33 f. sich gegen den Vorwurf, daß er sich zu einem Gott mache, mit dem Hinweis auf Ps:82, 6 verteidigt, wo sogar diejenigen, zu denen Gottes Wort geschah, Götter genannt werden. Aber so selten der Name „Gott“ Jesu beigelegt wird, so sicher ist, daß Jesus gleich dem Vater im Gebet angerufen wurde (vgl. außer Joh. 20, 28: 1 Kor. 1, 2; 2 Kor. 12, 8; Ap. 7, 59; Off. 22, 20), wie denn auch J. auf Erden die Ehre der Anbetung nie von sich gewiesen hat (Mt. 8, 2 u. ö., vgl. dagegen Off. 19, 10). Und die Empfindung eines Widerspruchs zwischen jener Unterordnung des Sohnes unter den Vater und dieser Gleichstellung mit ihm tritt nirgends im N. T. hervor. Was endlich den Ursprung Jesu in seiner Beziehung zu Gott betrifft, so bleiben viele Stellen des N. T. dabei stehen, sein Erscheinen auf Erden als die größte Wundertat der göttlichen Liebe zu preisen (Lu. 1, 68 ff.; Mk. 12, 6; Joh. 3, 16; 1 Kor. 1, 30; Ga. 4, 4; Kol. 1, 19). Wenn aber einige Stellen ihn trotz seines Vorrangs mit den Geschöpfen in eine Linie zu rücken scheinen (Kol. 1, 15: der Erstgeborene aller Kreatur: Hbr. 3, 2: der ihn gemacht hat), so lehren andere Stellen um so deutlicher, daß J. Christus, ehe er auf Erden gelebt habe, in göttl. Gestalt im Himmel beim Vater gewesen sei und in seinem Herabkommen auf die Erde den ersten Beweis seiner selbstlosen Liebe zu uns geliefert habe (Phi. 2, 5–8; 2 Kor. 8, 9); ja daß derjenige, durch welchen Gott in der Fülle der Zeiten sein Reich auf Erden gegründet, schon am Anfang es gewesen sei, durch welchen alle Dinge geschaffen worden sind (1 Kor. 8, 6; Kol. 1, 16; Hbr. 1, 2). Vgl. A u. O. Johannes insbesondere hat — anknüpfend an ein gewiß aus treuer Erinnerung stammendes Rätselwort Christi selbst: Ehe denn Abraham ward, bin ich (8, 58) — es zur Grundlage seines ganzen Evangeliums gemacht, daß Christus aus dem Himmel und aus der Ewigkeit in diese Welt gekommen, und nachher wieder dorthin zurückgekehrt sei (Joh. 16, 27 f. u. oft). Und im Eingang seines Evangeliums (1, 1–18) nennt er ihn, anklingend nicht nur an alttestamentliche Stellen von der vorweltlichen Weisheit Gottes (Spr. 8 u. sonst), sondern auch an den Sprachgebrauch der alexandr. Philosophen Philo, das Wort, den Logos, den uranfänglichen Vermittler aller göttl. Offenbarung, alles Lichts und Lebens für die Menschen, der selbst göttlicher Natur war, aber in J. Christus Fleisch geworden ist. Übrigens braucht das N. T. nirgends den Ausdruck „Zeugung“ für das Hervorgehen des Sohnes aus dem Vater (die alttest. Stelle Ps. 2, 7 ist Ap. 13, 33; Hbr. 1, 5 auf die Auferstehung Jesu angewendet).
Wir haben bisher nur eine Seite von Christi Person und Werk betrachtet. Er ist aber nicht bloß der Vertreter Gottes gegenüber von uns Menschen, sondern auch unser Vertreter gegenüber von Gott. Und wie jenes auf seiner göttl. Natur ruhte, so dieses auf seiner menschl. Natur. Diese wird denn im N. T. auch mit großem Nachdruck betont (Ap. 17, 31; Rö. 5, 15; 1 Kor. 15, 47; 1 Tim. 2, 5), nicht bloß, weil der ganze Verlauf seines irdischen Lebens die Wahrheit derselben unwidersprechlich bezeugte, sondern weil seine Bedeutung für uns wesentlich darauf ruht. Johannes macht es geradezu zu einem Kennzeichen des Widerchristentums, wenn jemand leugnet, daß J. Chr. „in das Fleisch gekommen“ sei (1 Joh. 4, 2. 3). Aber die Vereinigung der beiden Seiten seines Wesens, der göttlichen und der menschlichen, ist im N. T. als für uns unerklärliches Rätsel nirgends genauer besprochen. Was die Bedeutuug der wahren Menschheit Jesu anbelangt, so muß vor allem darauf hingewiesen werden, wie J. trotz des weiten Abstands seiner Sündlosigkeit von unserer Sündhaftigkeit doch sich nicht schämte, uns Brüder zu heißen (Hbr. 2, 11). Und diese Herablassung zeigte sich nicht bloß, wo er zu Zöllnern und Sündern sich gesellte und sich den Vorwurf gefallen ließ: dieser nimmt die Sünder an (Lu. 15, 2); sondern ebenso, wo er, seine im Kreise um ihn sitzenden Jünger anblickend, erklärte: Siehe, das ist meine Mutter und meine Brüder (Mk. 3, 34). Er hat ja gewiß das Verabscheuenswerte der Sünde eben vermöge seiner Reinheit tiefer gefühlt als irgend jemand (vgl. sein Wort über die Ärgernissünden Mk. 9, 42); aber nirgends hat sie ihn zum Menschenhaß oder zur Menschenverachtung geführt. Auch da, als die Sünde sich gegen ihn selbst kehrte und Leiden ohne Maß über ihn verhängte, hat er doch nur in tiefem Schmerz den Schaden, den die Menschheit damit sich selbst zufügte, und das Unrecht, die Undankbarkeit, der Gottes Liebe begegnete, beklagt (vgl. Mt. 23, 37; 26, 24; Lu. 23, 28 ff.; Mt. 21, 33 ff.; 22, 2 ff.). Abgelassen hat er darum nicht von der Menschheit, sondern hat in seiner Liebe zu ihr Treue gehalten bis in den Tod (Joh. 13, 1). Eben darum hat er uns auch vor Gott vertreten dürfen, ist unser Hohepriester geworden. Dieser Ausdruck kommt zwar nur im Hebräerbrief vor (3, 1 und oft), die Sache selbst aber fehlt nirgends im N. T.; nur wird sonst häufiger das Opfer betont, mit dem er bei dem Vater für uns eintrat, oder wird sein Eintreten auch mit dem Zahlen eines Lösegelds verglichen. Abzuwehren ist aber der Mißverstand, als ob Christus durch sein Opfer erst seinem Vater die Bereitwilligkeit zu vergeben hätte abringen müssen. Dem tritt das N. T. dadurch entgegen, daß es die Veranstaltung dieses Opfers häufig auf Gott selbst zurückführt, der seinen Sohn dazu sandte (z. B. Rö. 3, 25; 5, 8; 2 Kor. 5, 21). Fragen wir nun, was dieses Opfer oder Lösgeld gewesen, so werden wir in erster Linie immer auf den Tod J. gewiesen. So in seinen eigenen Worten: ich gebe mein Leben zu einer Erlösung („einem Lösgeld“) für viele (Mt. 20, 28); und bei der Abendmahlseinsetzung: das ist mein Leib, der für euch gegeben wird, das ist mein Blut des N. T., das für viele vergossen wird; vgl. Joh. 6, 51: das Brot, das ich geben werde, ist mein Fleisch, welches ich geben werde für das Leben der Welt. So wurde ja auch bei den Opfern des A. B. das Tier, das Gott dargebracht wurde, getötet und sein Blut als das Wichtigste am ganzen Opfer angesehen. Welche Art von Opfern wir zur Vergleichung beiziehen müssen, um das Opfer Christi recht zu deuten, kann auch nicht zweifelhaft sein: es sind die Sündopfer (vgl. Rö. 3, 25, denn nur das Blut eines Sündopfers wurde an den Gnadenstuhl gesprengt, Hbr. 7, 27; 9, 12–14. 28; Joh. 1, 7); auch Eph. 5, 2 ist trotz des Beisatzes „Gott zum süßen Geruch“, der allerdings bei Brand- und Dankopfern seine gewöhnliche Stelle hat, die Beziehung auf ein Sündopfer nicht ausgeschlossen (3 Mo. 4, 31). Wenn daneben Hbr. 9, 19 ff., vgl. Mt. 26, 28. das Bundesschlußopfer, 1 Kor. 5, 7 und sonst das Passahopfer zur Vergleichung beigezogen werden, so hat, obgleich beide im A. T. keine Sündopfer waren, doch die Verwendung des Bluts bei beiden ohne Zweifel sühnende Bedeutung. Ebenso ist der Sinn der Stellen, die von einem Lösgeld reden, nicht zweifelhaft: Christus hat uns gelöst von der Schuld der Sünde, die auf uns lastete (1 Pe. 1, 18, vgl. Erlösung 2). Jedes Opfer ist ein verkörpertes Gebet (vgl. Hbr. 5, 7); das Sündopfer ein Gebet um Vergebung. In diesem Sinn heißt es Hbr. 12, 24, daß J. Blut besser rede, denn Abels Blut, nämlich es ruft Gott um Vergebung an. Christus nun hat nicht für eigene Schuld Vergebung erfleht, er hat nicht für sich geopfert, sondern für andere; sein Opfer war, wie das zweite Opfer des Hohepriesters am großen Versöhnungstag, eine verkörperte Fürbitte (Hbr. 7, 27). Aber die Bitte stützt sich im Opfer immer auf eine Gott wohlgefällige, heilige Gabe. Dies war im A. T. das Opfertier, besonders sein von Gott als Sinnbild der Reinheit eingesetztes Blut (Hbr. 9, 22). Bei Christus aber ist es nun nicht eine bloß sinnbildl. Bedeutung, welche seinem Blut die reinigende, Gott wohlgefällige Kraft verleiht, sondern das Vergießen seines Bluts war wirklich eine Gott wohlgefällige Tat. Sein Wille, zu leiden und zu sterben, war eine Tat des Gehorsams, war die Spitze seines vollkommenen Gehorsams gegen des Vaters Willen (Hbr. 10, 7–10). Daraus geht nun freilich hervor, daß das Opfer J. eigentlich sein ganzes Leben umfaßt (vgl. Phi. 2, 8), aber das Leiden und Sterben war doch die höchste Probe seines selbstlosen Gehorsams (vgl. Gethsemane!). Aber noch etwas anderes als die Gehorsamsprobe machte die Fürbitte J. für uns besonders kräftig. Sie war ja begleitet von der tiefsten Erkenntnis der menschlichen Sünde und Schuld; er hat in keiner Weise dieselben verkleinert oder beschönigt; gerade als die Feindschaft der Menschen am bittersten auf ihn eindrang, fühlte er auch am deutlichsten, daß dieser Haß eigentlich gegen seinen Vater gerichtet sei (Joh. 15, 22–25). Ja er empfand es, daß diese ganze Sündenlast sich wie eine dunkle Wolke zwischen ihn und seinen Vater einschieben wollte, durch die seine Fürbitte kaum hindurchdringen konnte (dies der tieffte Sinn seines Wortes: mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen). Dieser tiefe Sündenschmerz, den eigentl. wir empfinden sollten, aber so vollkommen nicht empfinden, ist es, was Paulus mit den Worten ausdrückt: Christus sei ein Fluch für uns geworden, Ga. 3, 13; oder Gott habe Christum zur Sünde gemacht, 2 Kor. 5, 21; denn wenn man von dem Fluch des Gesetzes das persönliche Schuldgefühl, das ja der Heilige unmöglich haben konnte, abzieht, so bleibt eben die tiefe Empfindung der Fluchwürdigkeit der Sünde übrig. — Auf seinen vollkommenen Gehorsam also und auf seinen tiefen Sündenschmerz gestützt, hat J. für uns Vergebung unserer Schuld erfleht. Und Gott, der in diesem Opfer J. die Bedingung erfüllt sah, unter der er Vergebung erteilen konnte, hat diese Bitte gewährt. Er hat Christi Tod gleichsam als Lösegeld angenommen für unsere Schuld (vgl. Art. Erlösung). Er hat J. gleichsam wie den Gnadenstuhl im Tempel hingestellt, damit dorthin unsere gnadesuchenden Blicke sich wenden (Rö. 3, 25). Es ist dadurch die Versöhnung (s. d. Art.) hergestellt zwischen Gott und den Menschen. Die Übertragung des Verdienstes Christi auf uns ist aber deswegen möglich, weil Christus durch die Kraft seiner bis in den Tod getreuen Liebe zugleich unser Herr geworden ist; sind wir doch verbunden, dem nur ganz zu leben, der für uns gestorben ist (Rö. 14, 7–9). Und Gott hat ihn ausdrücklich in dieser Stellung bestätigt durch seine Erhöhung zu seiner Rechten (Phi. 2, 9–11), hat ihn eingesetzt zum Erben von allem (Hbr. 1, 2), zum Haupt der Kirche (Kol. 1, 18). In dieser Stellung nun kann J. auch die Bürgschaft übernehmen, daß er die Seinigen in seinen vollkommenen Gehorsam und in seinen tiefen Sündenschmerz einführen werde, indem er sie gleichsam teilnehmen läßt an seinem Sterben und an seinem gottgeweihten Leben (Rö. 6, 3–11). Dies vollzieht sich durch die Gaben seines Geistes, die Christus austeilt, durch welche sein Leib, die Gemeinde, erbaut wird (Eph. 4, 7–12). So endigt denn die Betrachtung des Werks Christi nach dieser Seite in demselben Punkte, bei welchem die andere Betrachtung begonnen hat, bei der Begründung und Vollendung des Reiches Gottes, welches das Geheimnis des göttl. Ratschlusses von Ewigkeit her gewesen ist. (Abb. 172 und 173 zeigen alte Abbildungen Christi, wie sie sich in den Katakomben Roms finden.)
Th. Hermann.
Abb. 172. Abbildung Christi aus dem 4. Jahrhundert.
(Aus den Katakomben in Rom.)
Abb. 173. Christus als guter Hirte. Altchristliche Darstellung aus den Katakomben in Rom.
About Calwer Bibellexikon: Biblisches Handwörterbuch illustriertDas Calwer Bibellexikon ist einer der bekanntesten Namen unter den deutschsprachigen Bibellexika. Laut Vorwort ist es als ein Handbuch für den nachdenkenden Bibelleser, Geistlichen oder Religionslehrer gedacht. Das Nachschlagewerk soll es dem Leser ermöglichen, ein „eben gelesenes Bibelwort als ein Glied in das ganze Gebäude seiner biblischen Anschauungs- und Gedankenwelt“ einzufügen. Der Herausgeber Paul Zeller merkt zudem an, das Werk sei „in dem einen Geist demütiger Ehrfurcht vor dem Worte Gottes und herzlicher Liebe zu der heiligen Schrift“ entstanden (Vorwort 2. Aufl.). Das Calwer Bibellexikon erschien zum ersten Mal im Jahr 1884, die zweite Auflage 1893, beide erfreuten sich großer Nachfrage. Die hier verfügbare dritte Auflage (1912) ist das Ergebnis einer umfassenderen Umarbeitung und teils auch Verkürzung. Der Herausgeber und die Mitwirkenden stammten zumeist aus der Württembergischen Landeskirche und der Schweiz. Bekannt war es auch unter dem alternativen Titel „Biblisches Handwörterbuch, illustriert“. |
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