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Weissagen, Weissager, Weissagung. Weissagen, hebräisch hitnabbe', griechisch propheteúein, sich als Prophet (nabi) erweisen, als solcher reden, bezeichnet 1Sam. 10, 5–13; 1Sam. 19, 20–24, wohl auch 4Mos. 11, 25–29 ein Reden in göttlicher Begeisterung mehr oder weniger ekstatischer Art, das, dem neutestamentlichen Zungenreden (1Kor. 14) vergleichbar, weniger Einwirkung auf andere bezweckte, als ein Aussprechen der Empfindungen des vom Geist Ergriffenen war.
Gewöhnlich aber bezeichnet es die Verkündigung göttlicher Offenbarung. Es kommt auch von falschen israel. oder heidnischen Propheten vor, die sich solcher Offenbarung rühmten, zum Beispiel Jer. 14, 14; Jer. 23, 21. Jer. 23, 16. Jer. 23, 26, und das Wort Weissager gebraucht die deutsche Bibel (als Übersetzung von kosem, Wahrsager, und bad, Schwätzer oder Lügenredner) fast ausschließlich von solchen, 5Mos. 18, 10; 1Sam. 6, 2; Jes. 44, 25; Jer. 27, 9; Jer. 50, 36; in Jer. 29, 26, wo Jeremia von seinem Feind so genannt wird, ist es Übersetzung von mitnabbē („als Prophet sich Erweisender“) und scheint auch verächtlichen Nebensinn zu haben.
Unter Verweisung auf den Artikel Prophet möge hier über die echte Weissagung der wahren Propheten noch folgendes bemerkt werden.
1) Form der Weissagung. a. Weil sie durch Menschen und an Menschen ergeht, muss sie den göttlichen Inhalt in menschlicher Vorstellungs- und Ausdrucksweise darbieten; sonst wäre die Offenbarung unverständlich und unaussprechbar. Da es aber bestimmt geartete Menschen, Kinder ihrer Zeit und ihres Volks waren, durch welche und an welche die Weissagung erging, so musste sie sich in die durch die Zeit und das Volkstum, durch die ganze Bildung der Betreffenden bestimmte Vorstellungs- und Ausdrucksweise kleiden. Daraus folgt, dass die Weissagung göttlicher Inhalt in menschlicher, zeitlich, volkstümlich und individuell bedingter Form ist. b. Zukünftiges pflegt die Offenbarung den Propheten zu enthüllen in einzelnen Zukunftsbildern reicheren oder beschränkteren Inhalts, nicht in einem ausgeführten Gesamtbild der zukünftigen Dinge (1Kor. 13, 9). Die Verknüpfung des mannigfaltigen einzelnen zu einer Gesamtanschauung, die Vermittlung der einzelnen bei äußerlicher Nebeneinanderstellung sich oft widersprechenden Züge und damit die Aufhebung des scheinbaren Widerspruchs ist nicht Sache der Weissagung, die nur auszusprechen hat, was der Sprecher vernommen hat, sondern der Erfüllung (vergleiche Artikel Messias 6). Doch zeigt sich die Einheit gemäß dem Ursprung aus dem einen Geist Gottes darin, dass sich gewisse Hauptgedanken durch Reihen von Weissagungen hindurchziehen, dass ältere Sprüche später wieder aufgenommen und weiter entwickelt werden, wie denn die Propheten häufig an Aussprüche ihrer Vorgänger anknüpfen (Beispiele in den Artikeln Messias und Tag). c. Mit dem Stückwerkartigen der Offenbarung und damit, dass dieselbe vielfach in Form geistiger Anschauung, im Bild, an die Propheten kommt, hängt der sogen. perspektivische Charakter der Weissagung zusammen. Wie der Beschauer einer Gegend mit einem Blick Nahes und Fernes schaut, aber von letzterem nur Hervorragendes, nicht die dazwischen liegenden Vertiefungen, weshalb er auch die Entfernungen nicht messen kann: so überschaut der Prophet mit dem Blick des Geistes zeitlich Nahes und Fernes, Höhepunkte einer fernliegenden Entwicklung, aber ohne die Zwischenräume schätzen zu können. Für seine Anschauung kann daher nahe zusammenrücken, was in der Erfüllung durch weite Zeiträume getrennt ist. Genaue Zeitbestimmungen sind in der Weissagung verhältnismäßig selten, doch vergleiche Jer. 25, 11f. Jesus selber zeugt von dieser auch seiner Weissagung gezogenen Schranke, Mark. 13, 32, wie denn auch seine endgeschichtliche Weissagung diesen perspektivischen Charakter trägt (vergleiche Artikel Tag).
— 2) Der Inhalt der Weissagung (vergleiche Artikel Prophet I. 1) ist dadurch bestimmt, dass sie im Dienst des Reiches Gottes steht. Dies gilt auch da, wo sie einzelnen Menschen über ihre Angelegenheiten Auskunft gibt, wie 1Sam. 10, 1f, vergleiche 1Sam. 9, 6; 1Kön. 14, 1–18; 2Kön. 1, 2–6; Jes. 38, 1–8; Hes. 12, 10–15, und dadurch unterscheidet sie sich, abgesehen von ihrem Ursprung aus Gottes Geist, von der Wahrsagung. Sie enthüllt die Aufgaben, welche das Reich Gottes je nach der Stufe seiner Entwicklung den Menschen stellt, wie die Ziele, denen die einzelnen Entwicklungsstadien sowohl als die Gesamtentwicklung der Welt und des Reiches Gottes zustreben. Die wahren Propheten stehen im Rat Gottes (Amos 3, 7), den falschen wird dies abgesprochen (Jer. 23, 18, vergleiche Jer. 23, 22).
— 3) Die Erfüllung der Weissagung ist unbedingt und notwendig, sofern sie die von keinem menschlichen Verhalten mehr abhängigen Ziele der Reichs- und Weltregierung Gottes ausspricht, bedingt aber, sofern sie verheißt oder droht, was Ergebnis geschichtlich gewordener Verhältnisse sein wird, aber seinem Wesen nach von deren Fortdauer abhängig ist; vergleiche als Hauptstelle Jer. 18, 1–10, sowie 1Kön. 21, 28f; Jes. 38, 4ff vergleiche mit V. Jes. 38, 1; Jer. 26, 18f; Jon. 3, 10 (siehe Artikel Reue). Die Erfüllung aber kann nach dem unter
1) a. Bemerkten nicht buchstäblich geschehen, sondern gleich der neutestamentlichen Erfüllung des alttestamentlichen Gesetzes (Artikel Gesetz I., B. 3) nach dem wesentlichen Inhalt, welcher das Göttliche ausmacht in dem menschlich Vorgestellten und Ausgedrückten. In der alttestamentlichen Weissagung zum Beispiel erscheint das neutestamentliche Heil alttestamentlich vorgestellt, die neutestamentliche Heilswahrheit in alttestamentlichem Gewand (zum Beispiel erscheint der Messias als herrlicher israelitischer König, als zweiter David, das Reich Gottes als verherrlichter israel. Gottesstaat, die Geistesausgießung Joe. 3 als ein Prophetwerden aller). Da ist nicht das alttestamentliche Gewand, sondern die neutestamentliche Wahrheit darin die Hauptsache, und sie bleibt und verwirklicht sich, das Gewand wird abgestreift. Aber erst die Erfüllung lehrt, wie Form und Inhalt zu scheiden ist. Soweit nicht eine vorliegende Erfüllung Merkmale für die Scheidung bietet, kann sie der Ausleger nicht vollziehen; denn die Weissagung ist nicht Sache eigener Auslegung, 2Petr. 1, 20.
— 4) In der Auffassung und Auslegung der Weissagung sind zwei Einseitigkeiten zu vermeiden, welche die notwendige Unterscheidung zwischen Inhalt und Form verkennen. Voraussetzend, dass jeder einzelne Zug des Weissagungsbildes erfüllt werden müsse, nehmen manche eine mehr buchstäbliche, andere eine geistliche Erfüllung an. Jene werden dem Wortsinn der Weissagung und dem Sinn der Propheten, welche die Dinge gewiss auch alttestamentlich dachten, wie sie dieselben aussprachen, im Allgemeinen gerecht, verleugnen aber den neutestamentlichen Standpunkt, indem sie eine Erneuerung alttestamentlicher Verhältnisse (etwa im 1000jährigen Reich) erwarten; sie huldigen einem falschen Realismus. Die anderen behaupten zwar den neutestamentlichen Standpunkt, tragen denselben aber schon in das Alte Testament hinein; sie huldigen einem falschen Spiritualismus und geraten bei ihrer Umdeutung des Alttestamentlichen ins Neutestamentliche leicht in Willkür, ja in unredliche Künstelei. Nur durch die aus der geschilderten Eigentümlichkeit der Weissagung sich ergebende Anerkennung, dass gar nicht alle einzelnen Züge erfüllt sein müssen, und dadurch, dass man sich durch die Art der im Neuen Testament vorliegenden Erfüllung leiten lässt, wird man die genannten Einseitigkeiten vermeiden.
Th. Öhler.
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About Calwer Bibellexikon: Biblisches Handwörterbuch illustriertDas Calwer Bibellexikon ist einer der bekanntesten Namen unter den deutschsprachigen Bibellexika. Laut Vorwort ist es als ein Handbuch für den nachdenkenden Bibelleser, Geistlichen oder Religionslehrer gedacht. Das Nachschlagewerk soll es dem Leser ermöglichen, ein „eben gelesenes Bibelwort als ein Glied in das ganze Gebäude seiner biblischen Anschauungs- und Gedankenwelt“ einzufügen. Der Herausgeber Paul Zeller merkt zudem an, das Werk sei „in dem einen Geist demütiger Ehrfurcht vor dem Worte Gottes und herzlicher Liebe zu der heiligen Schrift“ entstanden (Vorwort 2. Aufl.). Das Calwer Bibellexikon erschien zum ersten Mal im Jahr 1884, die zweite Auflage 1893, beide erfreuten sich großer Nachfrage. Die hier verfügbare dritte Auflage (1912) ist das Ergebnis einer umfassenderen Umarbeitung und teils auch Verkürzung. Der Herausgeber und die Mitwirkenden stammten zumeist aus der Württembergischen Landeskirche und der Schweiz. Bekannt war es auch unter dem alternativen Titel „Biblisches Handwörterbuch, illustriert“. |
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