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Abraham urspgl.: Abram aus Abiram („mein Vater = Gott ist erhaben“) heißt der erste der drei Erzväter Israels, den dieses Volk mit den Stämmen Ismael, Midian, Edom u. a. gemeinsam als Ahnherrn verehrt. Seine Geschichte wird 1 Mo. 11, 26–25, 10 erzählt. Sein Vater war Therach (Tharah, Luther), der mit seiner Familie aus Ur Kasdim (der chaldäischen Stadt Uru, am rechten Euphratufer südöstl. von Babylon gelegen) nach Haran (einer Stadt im nordwestlichen Mesopotamien, südöstl. von Edessa) auswanderte. Von dort zog A. mit seinem Brudersohn Lot weiter nach Kanaan, und zwar auf göttlichen Befehl, wie schon der Auszug aus Ur in Chaldäa nach 1 Mo. 15, 7 (vgl. Ne. 9, 7) auf höheren Antrieb erfolgt war. Der Herr sonderte sich so aus dem mehr und mehr gleich der übrigen Menschheit in Heidentum versunkenen Stamme Sems einen Zweig aus, dem er sich in seiner Einzigkeit und Heiligkeit offenbarte und mit dem er einen „Bund“ (s. den Art.) schloß, 1 Mo. 17, 1 ff. Eine Bundesschließung in sichtbarer Form zwischen dem Herrn und Abraham wird 15, 7 ff. beschrieben. Kanaan war das Land, das er seinem künftigen Bundesvolk bestimmt hatte. Aber der Völkervater selbst blieb einstweilen auf das bloße Wort der Verheißung angewiesen, das ihm namentlich dreierlei in Aussicht stellte: 1) zahllose Nachkommenschaft, 2) den Besitz jenes noch ganz in den Händen der Kanaaniter befindlichen Landes, 3) ein einzigartiges Verhältnis zu Gott, dem Herrn des Himmels und der Erde, welches darin sich offenbaren sollte, daß alle Geschlechter der Erde durch ihn und seinen Samen gesegnet würden, also eine segensreiche Mittlerstellung zwischen Gott und den Menschen (s. die öfters wiederholten Verheißungen 1 Mo. 12, 1 ff.; 13, 14 ff.; 15, 5; 17, 4 ff.; 22, 16 ff.). Das Zeichen des mit A. geschlossenen göttlichen Bundes, gewissermaßen das Bundessiegel, war die Beschneidung (s. d. Art.), welche ihm und allen seinen männlichen Nachkommen zur Pflicht gemacht wurde, 17, 10 ff., Rö. 4, 11. In Kanaan angekommen, hat A. das Land von Norden nach Süden durchzogen, zuerst bei Sichem sich aufhaltend (12, 6), dann bei Bethel (12, 8); an beiden Orten baute er nach seiner Gewohnheit dem Gott, der ihm erschienen war, einen Altar. Dann wanderte er nach dem Süden; ja eine Hungersnot veranlaßte ihn sogar, nach Ägypten überzusiedeln, von wo er jedoch nach einem gefährlichen Abenteuer (12, 10 ff.) bald nach Bethel zurückkehrte (13, 3). Alle diese Wanderungen hat man sich nicht als solche einer einfachen Familie vorzustellen; A. war ein Nomadenhäuptling, ein Hirtenfürst, der seine Untergebenen bei Hunderten, sein Vieh bei Tausenden zählte. So mußte er bei der Wahl seines Aufenthalts auf offene Weideplätze und Brunnen Rücksicht nehmen. Da namentlich in Ägypten sein Besitzstand sich ungemein vermehrt hatte, nötigten ihn diese Umstände zur Trennung von Lot, welcher das üppige Jordantal vorzog und sich damit aller Ansprüche auf das gelobte Land begab (K. 13). Bewies sich A. hierbei eben so friedliebend wie uneigennützig, so erprobte er sich bald darauf (K. 14) als treuer und streitbarer Freund, als es galt, den gefangenen Neffen aus den Händen der ins Land gefallenen Könige des Ostens zu befreien. Bei diesem Anlaß kam er mit dem ehrwürdigen Melchisedek, König von Salem, zusammen, dessen Segen er mit Ehrfurcht empfing, während er vom König von Sodom keine Belohnung annehmen wollte. Noch großartiger ist der Gebetskampf um die Erhaltung der Städte des Siddimtales (18, 16 ff.), wo er sich so recht als priesterlicher Mittler zeigt, der sein Leben zur Abwendung des göttl. Zornes einsetzt. Damals finden wir ihn bei Hebron zeltend; überhaupt scheint er sich später bleibend im Süden Kanaans aufgehalten zu haben, immerhin nach seiner nomadischen Lebensweise beweglich, so daß er 20, 1 ff. außerhalb der Grenze des gelobten Landes in der philistäischen Landschaft Gerar verweilt, wo er mit dem König Abimelech einen ähnlichen widerwärtigen Handel hatte wie früher mit dem Pharao. Doch wurde er auch hier ehrenvoll entlassen, und Abimelech suchte später seine Freundschaft, die zu Beersaba beschworen wurde (21, 22 ff.). A.s Weib, Sara, war lange unfruchtbar gewesen, so daß er auf ihren Rat von ihrer Magd Hagar Kinder zu bekommen verlangte; sie gebar ihm den Ismael (16, 1 ff.). Der Herr aber wollte nicht diesen als Erben der Bundesverheißung anerkennen, sondern den künftigen Sohn der Sara, Isaak, der ihr endlich in ihrem Alter geschenkt wurde, worauf Ismael aus dem Hause und Lande weichen mußte. Gegen die Neigung seines Herzens (21, 11 ff., vgl. 17, 18) willfahrte hierin A. seiner Gattin, da Gottes Stimme es gebot. Die letzte, schwerste Probe aber bestand sein Glaubensgehorsam, als dieselbe Stimme von ihm die Opferung des lang ersehnten und heiß geliebten Isaak verlangte, die ihm freilich erlassen wurde, als er sich auch hier willig zeigte (1 Mo. 22). Damals wohnte er zu Beersaba, später wieder zu Hebron, wo seine Gattin starb. Ein Grundstück mit Höhle Makpela (d. h. die zwiefache Höhle, Luth.), wo er sie bestattete, wurde sein erster Besitz im Lande der Verheißung, 1 Mo. 23, wobei sich wiederum die Achtung zeigte, welche der fremde Mann Gottes den Bewohnern des Landes einflößte. Nachdem er noch seinem Sohn und Erben durch seinen treuen Knecht (Elieser) eine Gattin aus der in Haran zurückgelassenen Verwandtschaft zugeführt hatte (1 Mo. 24), starb er im Alter von 175 Jahren (25, 7) und wurde in jener Erbgruft neben Sara bestattet. Heute noch wird seine Grabstätte bei Hebron (Abb. 4) von den Mohammedanern eifersüchtig bewacht. Die Geschichtlichkeit A.s wurde oft bestritten, aber mit Unrecht. Sein Name kann weder der eines Gottes noch der eines Volkes, sondern nur Personenname sein. Seine Figur paßt in die Zeit und Umgebung, ebenso der in 1 Mo. 14 erzählte Kriegszug. Dagegen ist nicht zu vergessen, daß die Erzähler der Bibel auch Völkerverhältnisse in der Form eines Familienstammbaums darstellen. So ist’s zweifellos bei Ketura 25, 1 ff. s. d. Art. — Da A. öfter göttlicher Offenbarungen und Erscheinungen gewürdigt wurde (1 Mo. 12, 7; 13, 14 ff.; 15, 1. 7 ff; 18, 1 ff.) und überhaupt in trautem Umgang mit Gott stand, heißt er 20, 7 (vgl. Ps. 105, 14 f.) Prophet und Jes. 41, 8 (vgl. Jak. 2, 23) Freund Gottes, wozu besonders 1 Mo. 18 zu vergleichen ist, wo der Herr bei ihm wie bei einem Gastfreunde einkehrt und sich in ein vertrauliches Wechselgespräch mit ihm einläßt. Ohne menschliche Schwächen ist zwar auch A. nicht, wie sie sich am meisten bei seiner nur halb wahren Auskunft über Sara zeigt (12, 11 ff.; 20, 2 ff.), wozu ihn kleingläubige Weltklugheit verleitete, die ihm Gefahr und Beschämung zuzog (vgl. 20, 9). Aber dennoch ragt er in seiner Glaubensstärke und Reinheit der Gesinnung über die andern Patriarchen und die Frommen des Alten Bundes überhaupt empor als der echte Vater der Gläubigen. Das unbegrenzte, unbedingte Vertrauen auf Gottes Wort, der treue Glaubensgehorsam ist die herrschende Eigenschaft in seinem Charakter, welcher er seine Größe verdankt, wie schon 1 Mo. 15, 6 bezeugt. Der Apostel Paulus hebt Ga. 3, 6–9. 16. 18; Rö. 4, 2 ff. 13 nachdrücklich hervor, daß er durch den Glauben, nicht durch die Werke, vor Gott gerecht geworden sei, während allerdings Jakobus (2, 21 ff.) gleichfalls mit Recht betont, daß Abrahams Glaube kein müßiger, toter, sondern ein durch die Tat bewährter gewesen sei (vgl. Joh. 8, 39). Die Israeliten sahen denn auch aus gutem Grund zu allen Zeiten ehrfurchtsvoll zu A. auf und waren stolz, seine Kinder zu heißen (Joh. 8, 33). Als den seligsten Zustand nach dem Tode dachten sie sich den bei A., in A.s Schoß, welche zu seiner Zeit gangbare Redeweise der Herr selbst Lu. 16, 22 f. aufgenommen hat. Gemeint ist der Aufenthalt in des seligen, im Paradiese weilenden Vaters traulicher Nähe (vgl. übrigens auch Mt. 8, 11. Lu. 13, 29, wo Jesus in seinem Reiche die Tischgenossenschaft mit den drei Erzvätern verheißt). Der Talmud weiß von A. manche zum Teil sinnige, aber geschichtlich wertlose Legenden zu erzählen, wie solche auch zu den Mohammedanern übergegangen sind, die gleichfalls den „Freund Gottes“, nach welchem heute noch die Stadt Hebron ihren Namen trägt, aufs höchste ehren. Wie wir bereits gesehen, steht er aber auch im N. Test. an hervorragender Stelle, nicht bloß als der Anfänger einer reineren Gotteserkenntnis (wie denn die drei monotheistischen Religionen: Judentum, Christentum und Islam ihn in gewissem Sinne Vater nennen), nicht bloß, weil er prophetisch den Tag Christi voraussah (Joh. 8, 56 f.), d. h. die Zukunft seines Samens, in dem die Verheißung sich ganz erfüllen sollte (vgl. Ga. 3, 16), sondern auch deshalb, weil das evang. Bundesverhältnis nach seiner freien Innerlichkeit in ihm, dem aus Gnaden Berufenen und durch den Glauben gerecht Gewordenen, sich am reinsten vorausdarstellte. Er ist der Vater des gotterwählten Geschlechts aus der Beschneidung wie aus der Heidenwelt, Jes. 51, 1 f. Rö. 4, 11 f.; 9, 6 ff. Ga. 3, 7. (Vgl. die Artt. Beschneidung, Elieser, Hagar, Jakob, Isaak, Ismael, Ketura, Lot, Melchisedek, Sara.)
v. Orelli.
Abb. 4. Abrahams Grab bei Hebron.
About Calwer Bibellexikon: Biblisches Handwörterbuch illustriertDas Calwer Bibellexikon ist einer der bekanntesten Namen unter den deutschsprachigen Bibellexika. Laut Vorwort ist es als ein Handbuch für den nachdenkenden Bibelleser, Geistlichen oder Religionslehrer gedacht. Das Nachschlagewerk soll es dem Leser ermöglichen, ein „eben gelesenes Bibelwort als ein Glied in das ganze Gebäude seiner biblischen Anschauungs- und Gedankenwelt“ einzufügen. Der Herausgeber Paul Zeller merkt zudem an, das Werk sei „in dem einen Geist demütiger Ehrfurcht vor dem Worte Gottes und herzlicher Liebe zu der heiligen Schrift“ entstanden (Vorwort 2. Aufl.). Das Calwer Bibellexikon erschien zum ersten Mal im Jahr 1884, die zweite Auflage 1893, beide erfreuten sich großer Nachfrage. Die hier verfügbare dritte Auflage (1912) ist das Ergebnis einer umfassenderen Umarbeitung und teils auch Verkürzung. Der Herausgeber und die Mitwirkenden stammten zumeist aus der Württembergischen Landeskirche und der Schweiz. Bekannt war es auch unter dem alternativen Titel „Biblisches Handwörterbuch, illustriert“. |
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