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Man, Manna, das wunderbare Nahrungsmittel, das dem Volk Israel in der Wüste zuteil wurde. Das M. „lag in der Wüste rund und klein, wie der Reif auf dem Lande“ (V. 14). Es wurde täglich gesammelt, sollte und konnte aber nicht aufbewahrt werden, sonst verdarb es (V. 20); nur am sechsten Tag wurde ein doppeltes Maß gesammelt und verdarb das für den zweiten Tag gesammelte nicht (V. 22 ff.). Es konnte gemahlen und zerstoßen, zu Brot gebacken und in Töpfen gekocht werden und schmeckte wie Ölkuchen (4 Mo. 11, 8) oder wie „Semmel mit Honig“. 2 Mo. 16, 31. Der Name wird nach 2 Mo. 16, 15 davon abgeleitet, daß die Israeliten beim erstenmal fragten: „Man hu?“ (d. h. was ist das?). Die Zeit, während welcher das M. den Israeliten zu teil wurde, gibt 2 Mo. 16, 35 auf 40 Jahre, also auf die ganze Wüstenwanderungszeit an (vgl. Jos. 5, 12). — Noch jetzt findet sich auf der Sinaihalbinsel ein eigentümliches Produkt des Tamariskenbaums oder Tarfastrauchs, und die Eigenschaften desselben treffen in vielem mit dem biblischen Manna zusammen. Besonders wenn reichlicher Frühjahrsregen gefallen ist, scheidet sich nämlich aus den Zweigen der Tamariske in den Monaten Mai und Juni infolge des Stiches einer kleinen Schildlaus ein Saft aus, der in Tropfen herunterfällt und in Gestalt von kleinen gelblichen oder weißen rundlichen Körnern vom Boden dann gesammelt wird. Die Körner sind süß, honigartig von Geschmack und etwas gummi- oder harzartig. Sie werden noch jetzt von den Arabern gesammelt (und zwar früh morgens, weil die Körner von der Sonnenhitze schmelzen) und als angenehme Zugabe zum Brot genossen (Abb. 235). Indessen ist das M. nicht das ganze Jahr hindurch zu finden, sondern nur etwa 8 Wochen lang im Mai bis höchstens Anfang Juli. Auch kann das jetzige M., das nur Zucker — nicht aber Mehlstoff enthält, nicht wohl gestoßen oder gemahlen und verbacken werden, wie es von dem biblischen M. berichtet wird. Der größte Unterschied bezieht sich aber auf die außerordentliche Menge, welche die Israeliten nach den biblischen Berichten von dem Manna sammeln konnten. Rechnet man nach 2 Mo. 16, 16 1 Gomor (= ⅒ Epha, also etwa 2 Liter) auf den Kopf, ergibt das schon für jeden Tag eine ungeheure Menge. Gegenwärtig werden aber auf der ganzen Sinaihalbinsel in einem ganzen Jahr nur ca. 700 Pfund gesammelt. Man kann nun allerdings sagen, einerseits: daß die Vegetationsverhältnisse der Sinaihalbinsel seit Moses Zeiten sich jedenfalls sehr verschlechtert haben; der Bestand an Waldungen hat sich infolge der Raubwirtschaft bedeutend vermindert, sonach muß notwendig auch die Menge des von den Tamariskenwäldern gespendeten Mannas in sehr bedeutendem Maß abgenommen haben. Andererseits ist nach den biblischen Berichten durchaus nicht anzunehmen, daß das M. die einzige Nahrung der Israeliten gewesen sei; sie besaßen reiche Herden, die ihnen Milch u. Fleisch lieferten, die Dattelpalmen der Wüste lieferten einen wertvollen Beitrag zur Ernährung, man kann auch an das Erträgnis der Jagd denken; und ohne Zweifel war das Volk in der langen Zeit der Wüstenwanderung auch in der Lage, von den zunächst wohnenden Stämmen Getreide zu kaufen, 3 Mo. 8, 2. 26. 32; 10, 12; 4 Mo. 7, 13 und andere Stellen reden von Brot usw., wozu doch das Mehl jedenfalls durch Kauf herbeigeschafft werden mußte, vgl. 5 Mo. 2, 6. 28 f. Indessen ist doch klar, daß alles dieses nicht ausreicht, um es erklärlich zu machen, daß das sehr zahlreiche Israelitenvolk wirklich durch das für gewöhnlich damals in der Sinaihalbinsel zu gewinnende M. in der Weise genährt und befriedigt werden konnte, wie die biblischen Berichte es voraussetzen. Manche ernste Bibelforscher lassen daher die Wahrscheinlichkeit zu, daß die Volkssage, an natürliche Borgänge anknüpfend, dieselben ausgeschmückt und ins Wunderbare vergrößert und gesteigert habe in einer Zeit, wo man den wirklichen Vorgang nicht mehr kannte, daß also insbesondere die Menge des M. sich gesteigert und vergrößert habe, und ebenso die Zeit, in welcher das M. gewonnen wurde, von den paar Frühsommermonaten in der Erinnerung der späteren Berichte auf das ganze Jahr sich ausgedehnt habe. Eine wunderbare Führung u. Fürsorge Gottes bleibt auch so bestehen. Grundsätzlich aber ist festzuhalten, daß, auch wo etwa Gott mit seinen Wundern an natürlich vorhandene Hilfsquellen anknüpft, die Art und das Maß seines Tuns nicht vom menschlichen Begreifen beschränkt werden darf. Darauf werden sich diejenigen stets berufen können, welchen der Zweifel an solchen biblischen Angaben mit der Ehrfurcht vor Gottes Wort nicht vereinbar erscheint. — Nach 2 Mo. 16, 32 wurde gleich anfangs ein Gomor M. zum Andenken aufbewahrt (Abb. 236) u. nach Hbr. 9, 4 wurde stets in einem goldenen Krug das „Himmelsbrot“ im Allerheiligsten aufbewahrt. Manchfach gedenkt die Schrift dieser Gabe, die den Israeliten „von dem Munde des Herrn“ zuteil wurde, 5 Mo. 8, 3, des „Himmelsbrots“, Ps. 78, 24; 105, 40, oder „Engelbrots“, Ps. 78, 25. Im N. T. sucht Christus von diesem „Brot vom Himmel“, Joh. 6, 31, das Gott den Vätern zur irdischen Nahrung gab, die Gedanken hinzulenken auf das „Brot des Lebens“, das Er ist, das auch, und zwar noch in ganz anderem Sinn, vom Himmel kommt und in noch viel höherer Weise Nahrung geben und Leben wirken kann und soll, Joh. 6, 48–58.
Abb. 235. Zweig der Mannatamariske mit der Mannaschildlaus und herabtröpfeindem Manna. Nach Ehrenberg.
Abb. 236. Der Mannakrug auf einem jüdischen Sekel aus der Zeit der Makkabäer.
About Calwer Bibellexikon: Biblisches Handwörterbuch illustriertDas Calwer Bibellexikon ist einer der bekanntesten Namen unter den deutschsprachigen Bibellexika. Laut Vorwort ist es als ein Handbuch für den nachdenkenden Bibelleser, Geistlichen oder Religionslehrer gedacht. Das Nachschlagewerk soll es dem Leser ermöglichen, ein „eben gelesenes Bibelwort als ein Glied in das ganze Gebäude seiner biblischen Anschauungs- und Gedankenwelt“ einzufügen. Der Herausgeber Paul Zeller merkt zudem an, das Werk sei „in dem einen Geist demütiger Ehrfurcht vor dem Worte Gottes und herzlicher Liebe zu der heiligen Schrift“ entstanden (Vorwort 2. Aufl.). Das Calwer Bibellexikon erschien zum ersten Mal im Jahr 1884, die zweite Auflage 1893, beide erfreuten sich großer Nachfrage. Die hier verfügbare dritte Auflage (1912) ist das Ergebnis einer umfassenderen Umarbeitung und teils auch Verkürzung. Der Herausgeber und die Mitwirkenden stammten zumeist aus der Württembergischen Landeskirche und der Schweiz. Bekannt war es auch unter dem alternativen Titel „Biblisches Handwörterbuch, illustriert“. |
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