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Leviten. Das wesentlichste Stück der Geschichte der L., nämlich ihr Verhältnis zu den Priestern, läßt sich nur im engsten Zusammenhang mit der Geschichte des israelit. Priestertums verstehen; dies mag deshalb unter dem Art. „Priester“ verglichen werden, wogegen hier nur die L. für sich, besonders nach den gesetzlichen Bestimmungen über sie, zur Sprache kommen.—Für die Urgeschichte des Stammes Levi sind hauptsächlich die zwei Erzählungen 1 Mo. 34 und 2 Mo. 32 nebst den auf sie zurücksehenden prophetischen Stellen 1 Mo. 49, 5–7 und 5 Mo. 33, 8 ff. maßgebend. Die erste und dritte der genannten Stellen gehören enge zusammen. 1 Mo. 49, 5 ff, heißt es: „Die Brüder Simeon u. Levi — ihre Schwerter sind Waffen zum Frevel: mit ihrem Rat will ich nichts zu tun, mit ihren Entschlüssen nichts gemein haben, denn in ihrem Zorn haben sie Männer gemordet und in ihrem Mutwillen Kinder verstümmelt. Verflucht sei ihr Zorn, daß er so stark, und ihr Grimm, daß er so heftig war! Ich will sie verteilen in Jakob und sie zerstreuen in Israel.“ Dieser Spruch wäre vollkommen dunkel ohne die Erzählung in 1 Mo. 34. Aus ihr geht hervor, daß in der Tat Simeon und Levi sich zu schwerer Freveltat zusammengetan haben. In einer Zeit, als in der altberühmten kanaanitischen Festung Sichem erst wenige israelit. Ansiedler sich festgesetzt hatten, unternahmen die beiden Stämme Simeon und Levi den Versuch, die Stadt an sich zu bringen. Sie machen in verräterischer List die Bewohner Sichems kampfunfähig und überfallen sie dann treulos. Ohne Zweifel hofften beide, die israelit. Ansiedler in Sichem würden ihnen zur Seite stehen. Allein die Israeliten erkennen in ihrem Gebahren nichts als schnöden Verrat — sie wollen nichts mit Simeon u. Levi „gemein haben“. Offenbar ist man in Israel der Ansicht, dies Gebahren der zwei Stämme störe nur das Vertragsverhältnis zwischen Israel und den Kanaanitern und könnte diese an anderen Orten zur Vergeltung reizen. Simeon u. Levi werden, obgleich die kanaanitischen Sichemiten — und wohl mit ihnen andere Kanaaniten — ihnen zur Rache für ihren Verrat schwer zusetzen, von dem übrigen Israel im Stiche gelassen. Die Folge ist, daß beide Stämme nahezu vernichtet werden — „ich will sie verteilen in Jakob und sie zerstreuen Israel“. Dies muß sich in der Richterzeit, im weiteren Verlauf der Eroberungskämpfe, die Israel mit den Kanaanitern zu bestehen hatte, begeben haben. In der Tat ist von da an Simeon aus der Geschichte so gut wie verschwunden. Während der Stamm sich an den ersten Eroberungskämpfen noch ruhmreich beteiligt hatte (Ri. 1), hören wir von jetzt an bis zur nachexil. Zeit nichts mehr von ihm, was auf das Vorhandensein des Stammes schließen ließe. Nur einzelne Geschlechter finden sich. Ebenso wird Levi unter die verschiedenen Stämme zerstreut. Levi muß wohl einst ein geschlossener Stamm mit Stammbesitz gewesen sein. Die Katastrophe von Sichem hat Levi um seine Selbständigkeit gebracht. Da und dort in den Stämmen und Städten Israel finden sich Glieder des Levistammes, fast wie Fremdlinge der Mildtätigkeit Israels anempfohlen. Aber weil Levi nicht wie Simeon ein gewöhnlicher Stamm war, sondern weil aus ihm Mose stammte und Glieder dieses Stammes darum seit alter Zeit im besonderen Dienste Jahvehs standen, blieb Levi trotz dieses Unglücks vor dem Untergang bewahrt. Die Glieder des Stammes wenden sich nun mit besonderem Eifer dem Priestertum zu, das schon Mose ihnen zugesagt hatte — und die Verteilung in Israel, vermöge der Levi „kein Teil noch Erbe unter den Stämmen“, d. h. keinen Landbesitz haben soll, wird nun aus einem Fluch zum Segen: „ich bin ihr Erbe,“ sagt Gott zu ihnen (5 Mo. 18, 1 ff.). Hier greifen nun die zwei anderen der obengenannten Stellen ein. 5 Mo. 33, 8 ff. heißt es über Levi: „Deine Urim u. Thummim gehören den Leuten deines Frommen — sie gehören dem, der von Vater und Mutter sprach: ich sah sie nicht, der seine Brüder nicht kennen und von seinen Kindern nichts wissen wollte.“ Auch diese Worte wären vollkommen dunkel, hätten wir nicht in 2 Mo. 32 eine sie erläuternde Erzählung. Seit alter Zeit besaß Levi das Priesterrecht, weil es bei Israels Versündigung mit dem goldenen Kalbe sich an Mose angeschlossen hatte. Dessen erinnerte man sich, als Levi in der Richterzeit zerstreut wurde, und so finden wir von jetzt an die L. immer häufiger und immer begehrter als Inhaber von Priesterämtern. — Auch die Aussonderung und Weihung der L. zum priesterl. Dienste bezw. Hilfsdienste führt sich nach der pentateuchischen Erzählung auf die früheste Zeit Israels zurück. Nach 4 Mo. 3 hat Jahveh die L. sich aus den Söhnen Israels zu seinem besonderen Eigentum ausgewählt: Als in der Nacht vor dem Auszug aus Ägypten die Erstgeburt der Ä. getötet wurde, blieb die Israels infolge des Passahopfers erhalten; hiefür soll die männliche Erstgeburt Israels dem Herrn heilig und seinem Dienste geweiht sein (2 Mo. 13, 1 f.; 11–15). So scheint es sich auch zu erklären, daß bei der Bundschließung am Sinai noch die „Jünglinge aus den Kindern Israel“ (2 Mo. 24, 5) das Bundesopfer für das Volk darbringen, wogegen dann von 4 Mo. 3 an der Stamm Levi (mit dem Hause Aarons an der Spitze) den h. Dienst ausübt. Das Zahlenverhältnis der L. und der männlichen Erstgebornen ist nach 4 Mo. 3, 39 ff.: L. von einem Monat und darüber ergeben sich 22000, männliche Erstgeborene 22273. Der Überschuß von 273 Erstgebornen soll durch ein an Aaron zu entrichtendes Lösegeld von fünf Sekel für den Mann gelöst werden. Die Einweihung der L. zu ihrem heil. Dienste vollzieht sich nach 4 Mo. 8, 5 ff. nach folgenden Zeremonien. Die L. werden zunächst durch einen dreifachen Ritus gereinigt, nämlich: Besprengung mit dem Entsündigungswasser (dem nach 4 Mo. 19 bereiteten Reinigungswasser), totale Abscherung („sie sollen ein Schermesser über ihren ganzen Leib gehen lassen“, V. 7), und Waschung ihrer Kleider. Darauf wird ein Brandopfer und ein Sündopfer zugerichtet und die L. vor das Heiligtum geführt, wo ihnen die Repräsentanten des ganzen Volkes die Hände auflegen, ein Symbol der Übergabe an Jahveh. Diese selbst wird vollzogen durch das sogen. „Wehen“ (s. d. Art.). — Über die dienstl. Funktionen der L. gibt uns das Gesetz weit weniger Auskunft, als man erwarten könnte. Mit großer Bestimmtheit wird zwar 4 Mo. 18, 2 ff. die gottesdienstl. Aufgabe der L. von der der Priester, d. h. der Söhne Aarons unterschieden. Diese allein haben den Dienst des Altars und „innerhalb des Vorhanges“, also die eigentlich priesterl. Funktionen zu versehen, wogegen die L. „zum Altar und zu den heil. Geräten sich nicht nahen sollen, damit sie nicht sterben“ (V. 3); sie sollen vielmehr nur den Priestern als Gehilfen zu Dienste stehen und den Dienst an der Stiftshütte (nicht aber am Altar und innerhalb der Stiftshütte) besorgen (V. 2. 3. 6). Fragt man jedoch näher, worin denn die Arbeit der L. nun wirklich bestehe, so gibt das Gesetz keine recht befriedigende Auskunft. Zwar gibt 4 Mo. 1, 50 ff. (vgl. 3 u. 4) an, daß die L. beim Zug durch die Wüste die Stiftshütte mit ihren heil. Geräten abbrechen und wieder aufrichten und bei der Lagerung an einem Orte sich um sie her lagern sollen. Allein alle diese Funktionen haben nur für die Zeit der Wanderung Bedeutung. Erst Hesekiel (vgl. Hes. 44, 11: „sie sollen als Wachen an den Toren des Tempels dienen und sollen die Brandopfer und andere Opfer dem Volke schlachten“) und dann besonders die in der Chronik enthaltene Erzählung über Davids Organisation des Gottesdienstes geben uns einen näheren Einblick in die wirklichen Geschäfte der L. (vgl. 1 Chr. 23, 28 ff.). Man kann sagen, daß wir hier in diesem spätesten Buche erst eine aus dem konkreten Leben gegriffene Vorstellung von den Geschäften der L. erhalten. Die nach der Chronik zu unterscheidenden Abteilungen der L. sind: Sänger u. Musiker, Assistenten der Priester, die diesen beim Opfer behilflich sein müssen, Torwärter (auch „Schwellenhüter“ genannt), Aufseher über die heiligen Tempelschätze, Schreiber u. Richter. In der letzteren Eigenschaft hatte schon Josaphat die L. verwendet. — Die Einkünfte der L. und die Levitenstädte. Die L. sollen, um Gott ihr Erbe sein lassen, d. h. um sich ausschließlich ihrem heil. Amte widmen zu können, „kein Teil noch Erbe in Israel“ (nämlich an Grundbesitz) haben (5 Mo. 10, 9). Ihr Einkommen beziehen die L. nach 4 Mo. 18, 24 ff. aus den ihnen vom Volke (als „Hebe“) dargebrachten Zehnten des jährl. Ertrages, von welchem Zehnten sie selbst wieder den Priestern den Zehnten zu geben haben. Nach dem 5. Buch Mose, welches die L. gerne als der Unterstützung bedürftig mit den Fremdlingen, Witwen und Waisen zusammenstellt, scheint übrigens dieser Zehnte sehr unregelmäßig eingegangen, oder aber wenig einträglich gewesen zu sein. Als Wohnsitz werden den L. nach 4 Mo. 35, 6 zunächst 48 Städte, die sich über ganz Israel verteilen, zugewiesen; Jos. 21, 4 ff. werden dann aber 13 dieser Städte den Priestern zuerkannt, so daß den L. noch 35 blieben. Die Levitenstädte sind mit einem für das Vieh bestimmten, sie rings umgebenden Bezirk umschlossen (Luther weniger deutlich: „Vorstadt“). Dieser Bezirk ist nach 4 Mo. 35, 4. 5 entweder so zu denken, daß die als Quadrat (räumlich idealisiert) gedachte Stadt 1500, oder daß sie 2000 Ellen ins Geviert mißt. Von der Stadtmauer, parallel derselben laufend, erstreckt sich dann auf eine Entfernung von 1000 Ellen auf allen vier Seiten der Weidebezirk des Viehes, so daß also das ganze Gebiet der Stadt samt „Vorstadt“ 3500 oder 4000 Ellen betragen würde. Es kann aus dieser geometrisch bestimmten Anordnung der L., obwohl sie Schwierigkeiten bietet, nicht zwingend auf die Unmöglichkeit, diese Verordnung auszuführen, geschlossen werden. Das Gesetz scheint mehr das Normalmaß für die Levitenstädte im Auge zu haben, während naturgemäß die verschiedenen Städte verschiedene Dimensionen hatten. Es muß also immerhin etwas Dehnbares in jenen ziffernmäßigen Bestimmungen liegen. [Zu der midianitischen Bezeichnung für Priester, lawi’u (sem. Lawi’atu), auf südarabischen, in N.W.-Arabien gefundenen Inschriften, vergl. man den Art. Jethro. ist Danach ist es immerhin möglich, daß der Priesterstamm Levi (eine urspr. den Midianitern entlehnte Einrichtung) und der alte, früh vernichtete israelit. Stamm Levi ganz verschiedenen Ursprunges sind. Daß auch Levitinnen am Dienst im Heiligtum verwendet wurden, bezeugt 2 Mo. 38, 8 (die Weiber, die vor der Tür der Stiftshütte dienten); als dann später geschlechtl. Ausschreitungen vorkamen, vgl. 1 Sa. 2, 22, wurde offenbar die ganze Institution abgeschafft und die betr. Vorschriften aus mosaischer Zeit, die sicher dereinst im Buch Leviticus gestanden haben, als gegenstandslos weggelassen, um ja nicht den Anschein zu erwecken, als habe auch in Israel dereinst die verpönte Einrichtung von Hierodulen (5 Mo. 23, 19) bestanden. F. H.]

Landschaftsbild aus dem heutigen Libanon beim Dorf Kerkaia

Abb. 230. Landschaftsbild aus dem heutigen Libanon beim Dorf Kerkaia. Nach O. Fraas.

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Das Calwer Bibellexikon ist einer der bekanntesten Namen unter den deutschsprachigen Bibellexika. Laut Vorwort ist es als ein Handbuch für den nachdenkenden Bibelleser, Geistlichen oder Religionslehrer gedacht. Das Nachschlagewerk soll es dem Leser ermöglichen, ein „eben gelesenes Bibelwort als ein Glied in das ganze Gebäude seiner biblischen Anschauungs- und Gedankenwelt“ einzufügen. Der Herausgeber Paul Zeller merkt zudem an, das Werk sei „in dem einen Geist demütiger Ehrfurcht vor dem Worte Gottes und herzlicher Liebe zu der heiligen Schrift“ entstanden (Vorwort 2. Aufl.).

Das Calwer Bibellexikon erschien zum ersten Mal im Jahr 1884, die zweite Auflage 1893, beide erfreuten sich großer Nachfrage. Die hier verfügbare dritte Auflage (1912) ist das Ergebnis einer umfassenderen Umarbeitung und teils auch Verkürzung. Der Herausgeber und die Mitwirkenden stammten zumeist aus der Württembergischen Landeskirche und der Schweiz. Bekannt war es auch unter dem alternativen Titel „Biblisches Handwörterbuch, illustriert“.

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