Die Geschichtsbücher

Die zwölf geschichtlichen Bücher des Alten Testaments (Jos–Est) werden Geschichte genannt – im Gegensatz zu den übrigen Büchern des AT, die als Gesetz (1–5Mo), Poesie (Hi–Hl) und Prophetie (Jes–Mal) bezeichnet werden. Göttliche Gesetze, Geschichte und Prophetie ebenso wie Ermahnung finden sich natürlich im ganzen AT. Die Genauigkeit der Geschichtsbücher, die von manchen Kritikern infrage gestellt wurde, ist in der modernen Zeit wiederholt durch die Entdeckung außerbiblischer Belege bestätigt worden.

Die Geschichtsbücher berichten die Aufrichtung und den Fall der Theokratie, die Gefangenschaften Israels und Judas, die Rückkehr in das verheißene Land (1Mo 15,18–21; Esr 2,1) und die Wiederherstellung des Tempels und der Stadt Jerusalem. Chronologisch reichen die Geschichtsbücher bis in die Zeit des Maleachi. im Gegensatz dazu verkündigen die prophetischen Bücher Gottes Gericht über die Sünde, ermahnen das Volk jeder Generation zu Glauben und Gerechtigkeit und stellen sodann der ungehorsamen Nation Israel das helle Bild der zukünftigen nationalen Wiederherstellung vor Augen, nämlich die Herrlichkeit, die Ehre und den Frieden unter der Regierung ihres Messias.

Das geschichtliche und prophetische Vorhaben Gottes mit Israel kann in acht Abschnitte eingeteilt werden:

I. Von der Berufung Abrahams bis zum Auszug aus Ägypten (1Mo 12,1–2Mo 12,51; vgl. Apg 7). In diesem Zeitabschnitt wurde der Bund mit Abraham geschlossen, der zum Teil im Aufbau Israels als einer großen Nation erfüllt ist. (Man glaubt, dass die Ereignisse, von denen das Buch Hiob redet, in diese Zeit fallen und dass dieses Buch die göttliche Offenbarung und die tiefen philosophischen und religiösen Gedanken jener Zeit festhält.)

II. Vom Auszug bis zum Tod Josuas. In diesem Zeitabschnitt wurde Israel das Gesetz gegeben. Die Geschichte der Befreiung Israels aus Ägypten wird erzählt, ferner werden die Ereignisse während der Wüstenwanderungen berichtet und endlich die Einnahme des verheißenen Landes in 2. Mose, 4. Mose und 5. Mose, in Josua und in Teilen des 3. Buches Mose dargestellt. Mose, Aaron und Josua sind die hauptsächlich erwähnten geschichtlichen Persönlichkeiten dieser Zeit.

III. Die Zeit der Richter, von Josuas Tod bis zur Wahl Sauls, wird in den Büchern Richter, Rut und 1Sam 1,1–10,24 beschrieben. Die Geschichte dieser Zeit verläuft in einem Kreis von Abfall, göttlichem Gericht, Buße und Wiederherstellung. Ein gottesfürchtiger Überrest aber blieb immer vorhanden, wie das Buch Rut zeigt. Israel wurde durch den Propheten Samuel vor dem moralischen, geistlichen und politischen Chaos bewahrt. Samuel führte auch als der letzte der frühen Propheten den ersten der Könige, Saul, in sein Amt ein.

IV. Die Zeit der Könige, von Saul bis zu den Gefangenschaften, wird in 1Sam 10,25–31,13, in 2. Samuel, in 1. und 2. Könige und in 1. und 2. Chronik beschrieben. Die Herrlichkeit und Macht des Königreiches unter David und Salomo nahmen während der geteilten Königreiche von Israel und Juda ab, und der Niedergang führte schlussendlich zu einem völligen geistlichen Versagen.

V. Die Zeit der Gefangenschaften. Diese Zeit der göttlichen Züchtigung, die von Mose und den Propheten vorausgesagt worden war, wird in den Büchern Jeremia, Klagelieder, Hesekiel, Daniel und Ester beschrieben. Mit der Gefangenschaft Judas (586 v.Chr.) fingen die prophetisch so wichtigen »Zeiten der Nationen« an (Lk 21,24), während derer Jerusalem unter der Herrschaft der Heiden steht.

VI. Die Zeit von der teilweisen Wiederherstellung der Nation Israels bis zum Tod, der Auferstehung und der Himmelfahrt Christi. Die inspirierte Geschichtsschreibung dieses Zeitabschnittes findet sich in Esra, Nehemia und in den prophetischen Büchern von Haggai, Sacharja und Maleachi im AT und in den Evangelien des NT. Gegen Ende dieses Zeitabschnittes erschien Christus, der verheißene König des Bundes mit David und der Nachkomme der Bündnisse mit Adam und Abraham. Er wurde als König und Heiland verworfen und gekreuzigt; er ist von den Toten auferstanden und gen Himmel gefahren. Diese gewaltigen Ereignisse kennzeichnen auch das Ende der 69 prophetischen Wochen Daniels in Dan 9,24–27.

VII. Die Zeit der Gemeinde, von Pfingsten bis zur Entrückung: In dieser Zeit ist das nationale Programm Israels beiseitegelegt. Geschichtlich ist diese Zeit in der Apostelgeschichte dargestellt und theologisch in Teilen der Evangelien und in den Briefen. im ersten Teil dieses Zeitabschnittes wurde Jerusalem zerstört (70 n.Chr.), und für Israel begann die dritte und letzte Zerstreuung. Während des Zeitalters der Gemeinde sind alle nationalen Vorrechte und Unterscheidungen in der Gemeinde ohne Bedeutung – beide, jüdische und heidnische Gläubige, sind miteinander in völliger Gleichheit im einen Leib Christi vereinigt (1Kor 12,13; Eph 3,6).

VIII. Israels spätere Geschichte wird prophetisch vorausgesagt: Sie beginnt mit der Erfüllung der siebzigsten Woche in Dan 9,27; die letzte Woche ist die Zeit der großen Bedrängnis (Dan 12,1; Mt 24,21). Diese Bedrängnis wird mit dem zweiten Kommen Christi in Macht und Herrlichkeit enden. Er wird kommen, um die Erde zu richten und dann 1000 Jahre lang zu regieren. In dieser Zeit wird Israel wiederhergestellt sein und eine bevorzugte Stellung der Herrlichkeit auf der Erde einnehmen. Am Ende des Millenniums (des Tausendjährigen Reiches) wird Israel ebenfalls Anteil am ewigen Reich haben; es wird in Ewigkeit die Treue und Gerechtigkeit Gottes veranschaulichen.