The Future of Bible Study Is Here.
You have not started any reading plans.
- More »
Sign in or register for a free account to set your preferred Bible and rate books.
Völkertafel nennt man den merkwürdigen Abschnitt 1 Mo. 10 (verkürzt auch 1 Chr. 1, 4 ff.), in welchem die dem Verfasser bekannten Völker in der Form eines Geschlechtsregisters von Noah und seinen Söhnen Sem, Ham und Japhet abgeleitet werden. Jene Benennung des Abschnittes ist dadurch gerechtfertigt, daß jenes Kap. selbst es als seine Absicht deutlich bezeichnet, die Verzweigung der Menschheit in verschiedene Völker nachzuweisen (V 5. 20. 31), und daß unter den Nachkommen nicht nur Namen vorkommen, die sonst Städte-, Länder- und Völkernamen sind, sondern auch Namen, welche die Form von Völkernamen haben, vgl. V. 16–18: den Jebusiter, deu Amoriter usw., V. 4 die Chittiter und die Dodaniter, ebenso V. 13. 14. Dieser Abschnitt ist von hohem Wert: während die heidnischen Nationen sich wenig um die fremden Völker kümmern, werden hier die Völker als Glieder einer großen Völkerfamilie, als Brüder und Verwandte aufgeführt. Indem die heil. Geschichte sich zu dem Volke Gottes wendet und die heidnischen Völker ihre eigenen Wege gehen läßt, deutet sie durch diesen Völkerstammbaum an, daß darum doch die ganze Völkerwelt, als eine große Völkerfamilie bildend, umschlossen ist von dem Heilsrat Gottes. Daneben hat das Kapitel auch eine nicht gering zu schätzende geschichtliche Wichtigkeit, wenn auch eine uralte zuverlässige historische Urkunde darin nicht gesehen werden kann. Man ist in der Hauptsache darüber einig, daß auch in diesem Kapitel sich verschiedene Quellenschriften nachweisen lassen. Die Anordnung des Ganzen, etwa die Verse 1–7, 20–23, 31. 32 gehören der Priesterschrift, Vers 8–19, 25–30 der jahwistischen Quelle an. Darauf, was von der Hand des Redaktors stammt u. dgl., braucht nicht eingegangen zu werden. Von den Japhetiten ist uns aus der jahwistischen Quelle nichts erhalten, von Ham die Ausführung über Nimrod und die Gliederung von Mizraim und Kanaan, bei Sem die Gliederung Ebers. Unsere Karte II enthält die Angaben der Priesterschrift. — Überblicken wir den Inhalt, wobei wir für das Nähere auf die einzelnen Artt. verweisen, so finden wir von Japhet 7 Söhne abgeleitet: Gomer, Magog, Madai, Javan, Thubal, Mesech, Thiras; von Gomer werden 3, von Javan 4 Söhne, bezw. Völker abgeleitet. 1) Gomer sucht man im östlichen Kleinasten (Kappadozien) und bringt es wohl in Zusammenhang mit den Kimmeriern, die vielleicht dorthin eingewandert sind; in Kleinasien sucht man auch die von Gomer abgeleiteten Askenas (andere — Skythen) und Riphat, Thogarma in Armenien. 2) Magog (das Gogland?) ist dunkel: man hat an die Skythen gedacht; der Aufzählung nach würde man an ein Volk zwischen Armenien und dem nun folgenden 3) Madai = Medien denken. 4) Javan sind die Jonier, überhaupt die Griechen: Elisa sucht man auf Sizilien (andere Karthago wegen der Gründung durch Dido — Elissa, oder Hellas, Elis, Äolis, oder (so Hommel) Alaschia — Cypern), Tharsis in Spanien (Hommel — Tarsus), Chittiter = Kition aus Cypern, vielleicht mit der gegenüberliegenden Küste; statt Dodaniter wird Rhodaniter = Rhodier zu lesen sein. 5) Thubal sind die Tibarener im späteren Pontus am Schwarzen Meer. 6) Mesech, die Moscher östlich davon; bei 7) Thiras denkt man an die Turusa der Inschriften, die Tyrsener der Griechen, ein Seeräubervolk im Ägäischen Meer (?). Ham hat 4 Söhne: Kusch mit 5 Söhnen, Mizraim mit 7 Söhnen, Put u. Kanaan mit 11 Zweigstämmen. Unter den Hamiten werden aufgeführt 1) Kusch, keine Neger trotz Luthers „Mohrenland“, sondern die Äthiopen im Süden Ägyptens. Von ihm werden abgeleitet Seba am Roten Meer bei Massaua, Hevila, jedenfalls in Arabien (vielleicht auch auf der afrikanischen Seite des Roten Meers südlich von der Meerenge Bab el Mandeb), Sabtha vielleicht in Südarabien, Ragma in Arabien, von dem Saba (ebr. Scheba) und Dedan stammen sollen (Saba ist sonst in Südwestarabien nachgewiesen, Dedan ein Stamm in Nordwestarabien; es steht aber fest, daß es auch nordarabische Sabäer gab, während man aus unserer Stelle südarabische Dedanäer erschlossen hat; etwas anders Hommel s. d. Art.), Sabtecha (unbekannt), 2) Mizraim = Ägypten: die Luditer und Anamiter sind unbekannt, die Lehabiter = die Libyer, Naphthuhiter und Kasluhiter dunkel, Palhrusiter = Oberägypten, Kaphthoriter, wahrscheinlich = Kreta. 3) But sucht man in Nordafrika westlich von Ägypten oder = dem ägyptischen Punt an der Somaliküste oder in Arabien. 4) Kanaan ist das bekannte Volk, von dem 11 Zweige abgeleitet sind, darunter 5 (Sidon, Arkiter, Siniter, Arvaditer, Zemariter) nach Phönizien weisend. Sem hat 5 Söhne: Elam, Assur, Arphachsad, Lud, Aram. Von Arphachsad wird die Linie bis ins dritte Glied auf Peleg und bis ins vierte Glied zu den dreizehn Söhnen des Joktan verfolgt. Zu den Semiten werden gerechnet: 1) Elam, das Land östlich vom unteren Tigris, dessen Bewohner aber keine semitische Sprache redeten, 2) Assur, 3) Arphachsad, von dem der Jahwist in einem ausführlicheren Stammbaum durch seinen Enkel Eber einerseits den Beleg als Stammvater der Israeliten, andererseits Joktan als Vater von 13 Araberstämmen ableitet. Arphachsad wird als „das Gebiet der Chaldäer“ (Babylonier) gedeutet, andere suchen es im oberen Tigrisland; Eber erscheint als Vertreter der Ebräer, zu denen hier außer den Abrahamiten auch arabische Stämme gerechnet sind. Diese von Joktan abgeleiteten Stämme sind, soweit sie nachweisbar sind, im südlichen, näher südwestlichen Arabien zu suchen. Saba (= Reicharabien) und Hevila findet sich darunter, wie unter den Kuschiten; sonst ist Ophir der bekannteste Name. 4) Lud (die Lydier) stehen, da sie keine semitische Sprache haben, hier so auffällig wie die Luditer bei Mizraim V. 13. 5) Aram mit vier „Söhnen“, von denen Uz in der Gegend von Damaskus und dem Hauran, Hul in der des Hule-Sees (?), Mas im masischen Gebirg am oberen Tigris gesucht wird. — Die Völkertafel spiegelt den Gesichtskreis und die Anschauungen der Zeit ihres Ursprungs, sie ist, so beachtenswert ihre Angaben sind, nicht bestimmt, ein Leitfaden der Völkerkunde für uns zu sein. Man hat vermutet, daß ursprünglich die Zahl 70 beabsichtigt war; doch ist das nicht sicher. Auffällig ist jedenfalls, daß in der Aufzählung manche Völker, nicht nur solche, die den Alten unbekannt waren, sondern auch solche, die sie kannten, fehlen, z. B. Perser und Neger (letztere sind trotz Luthers „Mohrenland“ nicht aufzufinden). Germanen und Slaven, vollends Chinesen, Malayen, Mongolen, Indier und Indianer sind nicht zu finden. Die Völkertafel umfaßt also nicht die ganze Menschheit. Das ergibt sich auch, wenn man die Gliederung der Menschheit in drei Stämme, die die Namen Sem, Ham, Japhet tragen, ins Auge fasst. Es fällt einmal auf, daß manche Völker in unerwartetem Zusammenhang stehen: Kanaan trotz seiner Sprache unter den Hamiten, Elam und die Lydier unter den Semiten. Daß manche Namen an verschiedenen Orten auftauchen, z. B. Hevila und Saba unter den Kuschiten und den Joktaniten, kann man mit Völkerwanderungen und Mischungen erklären. Es fragt sich: nach welchem Gesichtspunkt ist die Zuweisung der einzelnen Völker an die Familien erfolgt? Man könnte denken, die drei Stämme sollen die Hauptrassen bedeuten, über deren Zahl freilich die Gelehrten noch lange nicht im Reinen sind. So hat man denn schon gemeint, die Völker seien nach äußeren oder physischen Unterschieden, namentlich der Hautfarbe eingeteilt. Aber weder in den Namen der Stämme, noch in den Völkern und ihrer Beschaffenheit läßt sich das begründen. Daß Semiten und Japhetiten nicht verschiedene Rassen bilden, ist bekannt; aber auch zwischen Semiten und Hamiten besteht kein Unterschied der Hautfarbe, man denke an Israeliten einerseits, Phönizier und Ägypter andererseits. Die heutigen Ethnologen sehen in den Japhetiten, Semiten, Hamiten, soweit wir die einzelnen Namen deuten können, Zweige der einen kaukasischen Rasse. Auch Franz Delitzsch urteilt: „Die genealogisierten Völker reichen über die kaukas. Rasse, die Anwohner des Mittelmeers bis ostwärts Mittelasien, nicht hinaus.“ Auch hier zeigt sich wieder, daß nicht die ganze Menschheit von der Tafel umfaßt wird. Ebensowenig läßt sich nachweisen, daß die Völker nach der Sprachverwandtschaft geordnet seien. So reden wir jetzt von semitischen und hamitischen Sprachen. Aber diese Unterscheidung ist durch die vergleichende Sprachwissenschaft begründet worden, von der das Altertum keine Ahnung hatte. Es finden sich denn auch in der Völkertafel Völker mit grundverschiedener Sprache vereinigt, vgl. Elam unter den Semiten, oder auch Völker mit nah verwandten Sprachen getrennt, wie Kanaan und Israel. In neuerer Zeit hat man vielfach darum die Ansicht aufgestellt, daß in der V. die Völker einfach nach der geographischen Lage geordnet seien; Japhet bedeute die nördlicheren, Sem die mittleren, Ham die südlichen Völker. An dieser Ansicht ist, namentlich für die Darstellung der Priesterschrift, sicher etwas Richtiges. Auch Hommel bemerkt: „Man darf in ihr (der Völkertafel) nicht in erster Linie eine streng ethnologische oder linguistische Anordnung suchen, sondern weit mehr eine bloß geographische.“ Aber ganz erklärt sich daraus der vorliegende Tatbestand doch nicht: warum dann Tharsis (wenn man es nicht mit den kleinasiatischen Thyrsenern identifiziert, sondern in Spanien sucht) unter Japhet, Kanaan unter Ham, Lud unter Sem? Irgendwelche politische Gründe, irgendwelche Sagen von der Abstammung müßen mitgewirkt haben. Manche Angaben der Völkertafel mögen künftige Forschungen noch aufhellen; manche auffallende Zusammenstellungen mögen durch künftigen gründlicheren Einblick gerechtfertigt werden. Eine irrtumslose Darstellung können wir weder von dem Jahwisten noch von dem priesterlichen Verfasser erwarten. Aber schon dadurch ragt die Darstellung der Völkertafel hoch über die Erkenntnis der alten Welt hervor, daß sie die wesentliche Einheit des Menschengeschlechtes zum Ausdruck bringt. Wenn sie von der Geschichte der Menschheit zu der Israels überleitet, so liegt der Gedanke im Hintergrund, daß dieses Israel für die ganze mit ihm verbundene Menschheit eine Heilsbedeutnng bekommen soll. J. Frohnmeyer.
About Calwer Bibellexikon: Biblisches Handwörterbuch illustriertDas Calwer Bibellexikon ist einer der bekanntesten Namen unter den deutschsprachigen Bibellexika. Laut Vorwort ist es als ein Handbuch für den nachdenkenden Bibelleser, Geistlichen oder Religionslehrer gedacht. Das Nachschlagewerk soll es dem Leser ermöglichen, ein „eben gelesenes Bibelwort als ein Glied in das ganze Gebäude seiner biblischen Anschauungs- und Gedankenwelt“ einzufügen. Der Herausgeber Paul Zeller merkt zudem an, das Werk sei „in dem einen Geist demütiger Ehrfurcht vor dem Worte Gottes und herzlicher Liebe zu der heiligen Schrift“ entstanden (Vorwort 2. Aufl.). Das Calwer Bibellexikon erschien zum ersten Mal im Jahr 1884, die zweite Auflage 1893, beide erfreuten sich großer Nachfrage. Die hier verfügbare dritte Auflage (1912) ist das Ergebnis einer umfassenderen Umarbeitung und teils auch Verkürzung. Der Herausgeber und die Mitwirkenden stammten zumeist aus der Württembergischen Landeskirche und der Schweiz. Bekannt war es auch unter dem alternativen Titel „Biblisches Handwörterbuch, illustriert“. |
|
Support Info | depdbiblen |