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Sadducäer. Während Charakter und Tendenz der Pharisäer uns noch völlig deutlich sind, weil sie im Judentum zur Alleinherrschaft gelangten und die ganze jüdische Literatur von ihnen ausgeht, wie sie denn auch in den Evangelien aufs anschaulichste geschildert sind, ist in bezug auf die S. vieles dunkel und unbestimmbar. Sie sind untergegangen, ohne daß ein einziges schriftliches Dokument vorläge, das ihren Standpunkt vertreten würde, und auch im N. T. stehen sie abseits; sie lassen sich mit Jesus und der Gemeinde in keine engere Berührung ein. Schon die Bedeutung des Namens ist unsicher; schwerlich heißt er: „die Gerechten“, wahrscheinlicher geht er auf den Eigennamen Sadduk zurück. Man hat oft an den Hohepriester Zadok zur Zeit Davids gedacht, von dem die folgenden Hohepriester abstammten. So würde der Name die Mitglieder und Anhänger des vornehmsten Priestergeschlechts bezeichnen. Lukas berichtet ausdrücklich, daß die S.partei aus den regierenden Priestern bestanden hat, Ap. 5, 17. Übereinstimmend erzählt Josephus, es gebe nur wenige S., aber sie hätten die Würden und Ämter inne, besäßen jedoch keinen Einfluß auf das Volk, sondern müßten sich beständig unter den Willen der Pharisäer beugen. Der Streit derselben begann in der makkabäischen Zeit, als die Makkabäer Jonathan und Simon, getragen von demjenigen Teil des Volks, der für das Gesetz eiferte, die Regierung in Jerusalem übernahmen und sich das Hohepriestertum beilegten. Dem haben die Mitglieder des früheren Hohepriestergeschlechts heftig widersprochen. Weil aber die Pharisäer an den spätern Makkabäern viel zu tadeln fanden und schon mit Simons Sohn Hyrkan I. unzufrieden waren, wandte sich dieser von ihnen ab und stützte sich auf die Sadducäer, und unter dessen Sohn Jannai kam es zwischen den Parteien zu einem fürchterlichen Bürgerkrieg, in dem der König zunächst Sieger blieb und mehrere hundert Pharisäer miteinander kreuzigte. Bei seinem Tode jedoch riet er seiner Witwe, sich mit ihnen auszusöhnen und ihnen die Macht zu übergeben. Nun wurden die Sadducäer zurückgesetzt und bedroht, bis die Eroberung Jerusalems durch die Römer und die Errichtung des herodeischen Königtums beiden einen Herrn gab, der ihren Streit um die äußere Macht zurückdrängte. Was wir über die innere Stellung der S. wissen, sind alles negative Sätze: sie erkennen dem Satzungssystem der Rabbinen keine gesetzl. Geltung zu und betrachten nur das als Gesetz, was in der Schrift enthalten ist; sie leugnen die Auferstehungs- und die Engellehre; sie bestreiten, wie Josephus sagt, die göttliche Vorherbestimmung und behaupten, daß die Gestaltung seines Lebens in des Menschen Hand liege, daß er sich selbst Glück und Unglück bereite, je nachdem er in seiner Wahl Gutes oder Böses tue. Alle diese Sätze sind polemisch gegen die Pharisäer gerichtet; dies weist darauf, daß die Wurzel und Seele des Sadducäismus der Widerspruch gegen den Pharisäismus war. Die regierenden Priesterfamilien und die mit ihnen zusammenhängende vornehme Welt Jerusalems wollte sich den Vorschriften und Anforderungen der Rabbinen nicht fügen. Was ihr am Pharisäismus widerwärtig war, das war die unbedingte Konzentration des ganzen Lebens in den Gesetzesdienst, dem alle natürlichen, irdischen Verhältnisse untergeordnet wurden. Das erschien ihnen als Überspannung; sie wollten ein kluges Maß in der Frömmigkeit innehalten, so daß neben ihr auch die natürlichen, weltlichen Faktoren und Interessen zu ihrem Rechte kämen. Dem Pharisäer lag daran, den Buchstaben des Gesetzes möglichst scharf zu fassen und bis zu seiner letzten Konsequenz auszuspinnen; der S. protestierte dagegen, aber nicht deshalb, weil er selbst über dem Gesetz gestanden wäre in einem freien Kindschaftsverhältnis zu Gott. Was über die Differenzen in der Gesetzespraxis zwischen den beiden Parteien berichtet wird, zeigt, daß sich die Gesetzesauslegung der S. in derselben Äußerlichkeit bewegte wie die der Pharisäer. Sie verwarfen die pharisäische Satzung, weil sie zu endloser Quälerei führte und die freie Bewegung in ihrer Skrupulosität auf Schritt und Tritt hemmte. Der Pharisäer rechnete auf Gottes Werk und Wunder und darum war ihm auch der Gedanke an die himmlischen Geister wichtig; es war ihm ein Trost, daß Gott ihm in der Not seine Engel senden könne; der S. zählte Engel und Geister nicht zu den Faktoren seiner Politik: vernünftige Wertschätzung der natürlichen Machtverhältnisse, kluge Auswahl der Mittel, energisches Handeln im rechten Moment, das schien ihm für die Leitung des Volks wie im Privatleben der Weg zum Glück. Der Pharisäer setzte seine Hoffnung auf die messianische Zeit in der Gewißheit, daß Gott ihn zu derselben auferwecken werde; darum forderte er von jedem Israeliten die Willigkeit das irdische Leben zu opfern. Der S. war nicht bereit, die Gegenwart um der Zukunft willen preiszugeben; ein Wiederaufleben der Toten zu glauben, schien ihm barock und widersinnig. Wie nun seine messianische Erwartung noch aussah, darüber läßt sich nichts Bestimmtes sagen; schwerlich verleugnete er sie ganz; denn sie stand ausdrücklich in der Schrift, die die S. auch in ihren prophetischen Teilen anerkannten. Aber der Nerv derselben war mit der Leugnung der Auferstehung zerschnitten; das Reich des Christus war damit kein umfassendes mehr, das allen zugänglich war; es schrumpfte zusammen zu einer künftigen Periode des Glücks und der Wohlfahrt für Israel unter einem von Gott gesandten König, die wohl für diejenige Generation, die sie erlebte, ein Gut war, während die andern sich in der Gegenwart einrichten und diese sich nutzbar machen mußten. Um zu verstehen, wieso gerade die priesterlichen Männer diese Richtung stützten und vertraten, genügt die Erinnerung daran, daß sie den an Macht und Geld reichen Adel Jerusalems bildeten. Wir haben demselben keinen groben gottesleugnerischen Epikureismus zuzuschreiben, auch keine zum Heidentum hingeneigte Griechen- und Römerfreundschaft; sie stritten nicht gegen das Gesetz, das ja die Basis ihrer ganzen Stellung war, aber diese Priesteraristokratie, die nun seit der Rückkehr der Gemeinde die Verwaltung ihrer Angelegenheiten in den Händen hatte, war weltklug geworden. Sie sah mit scharfem Blick, was in den Forderungen der Pharisäer die natürliche Art des menschlichen Lebens übersprang und mißachtete, und erkannte die Klippen, denen jene blind entgegensteuerten und an denen der Bestand des Volkes und der Stadt scheitern mußte, und insofern war ihr Widerspruch gegen den Pharisäismus nicht ohne Grund; aber im Besitz der irdischen Macht war ihr auch die Fähigkeit verloren gegangen, für Gott zu eifern und auf ihn zu hoffen, wie es der Pharisäer tat. Außerdem ist zu beachten, daß nur Männer, die eine festbegründete, unangreifbare Stellung besaßen, gegen den Pharisäismus in Gegensatz treten konnten. Wer ihm von den gewöhnlichen Leuten widersprach, der gehörte einfach „zu den Zöllnern und Sündern“. Es gab in Israel niemand als die Priester, deren Autorität durch das Gesetz begründet und darum auch für die Pharisäer unbestreitbar war, die eine antipharisäische Richtung behaupten konnten. Darum verschwand aber auch der Sadducäismus völlig, als mit dem Fall des Tempels Amt und Macht der Priester unterging. Sehr charakteristisch ist ihre Begegnung mit Jesus, Mt. 22, 23 ff. Während in der Frage der Pharisäer, Mt. 22, 15, die Glut erbitterten Ingrimms lebt, der eine Waffe sucht, um ihn zu töten, bezweckt die Frage der S., Jesus lächerlich zu machen. Sie blicken mit vornehmer Geringschätzung auf diese messianische Schwärmerei herab: er will der Christus sein, das ewige Leben geben und die Toten erwecken! Es wird sich bald genug zeigen, daß er sich die Sache nicht einmal denken kann, geschweige denn, daß er sie zu wirken vermöchte! Jesus zeigt ihnen, daß sie die Toren sind, die nur mit den irdischen Verhältnissen rechnen und weder die Schrift noch die Kraft Gottes kennen. Aber gerade die Männer dieser kühlen weltklugen Gottesdienstlichkeit waren die, die im gegebenen Moment ohne Bedenken handelten und nicht ruhten, bis er gekreuzigt im Grabe lag. Ebenso wurde die Verfolgung gegen die apostolische Gemeinde vorwiegend von den S. betrieben, Ap. 4, 1, während der Pharisäer Gamaliel die Zwölfe rettete und sogar die Verurteilung des Paulus durch den Rat von den pharisäischen Gliedern desselben hintertrieben ward, Ap. 23, 9. So scharf Jesus die innere Verderbnis des Pharisäismus richtete, noch weniger konnte er die Gemeinde zu den Sadducäern weisen. Er mußte vielmehr den Sauerteig der Pharisäer mit dem der S. zusammenfassen als innerlich gleichartig und gleich verderblich, und warnen: hütet euch vor ihm, Mt. 16, 6.
Ad. Schlatter.
About Calwer Bibellexikon: Biblisches Handwörterbuch illustriertDas Calwer Bibellexikon ist einer der bekanntesten Namen unter den deutschsprachigen Bibellexika. Laut Vorwort ist es als ein Handbuch für den nachdenkenden Bibelleser, Geistlichen oder Religionslehrer gedacht. Das Nachschlagewerk soll es dem Leser ermöglichen, ein „eben gelesenes Bibelwort als ein Glied in das ganze Gebäude seiner biblischen Anschauungs- und Gedankenwelt“ einzufügen. Der Herausgeber Paul Zeller merkt zudem an, das Werk sei „in dem einen Geist demütiger Ehrfurcht vor dem Worte Gottes und herzlicher Liebe zu der heiligen Schrift“ entstanden (Vorwort 2. Aufl.). Das Calwer Bibellexikon erschien zum ersten Mal im Jahr 1884, die zweite Auflage 1893, beide erfreuten sich großer Nachfrage. Die hier verfügbare dritte Auflage (1912) ist das Ergebnis einer umfassenderen Umarbeitung und teils auch Verkürzung. Der Herausgeber und die Mitwirkenden stammten zumeist aus der Württembergischen Landeskirche und der Schweiz. Bekannt war es auch unter dem alternativen Titel „Biblisches Handwörterbuch, illustriert“. |
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