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Moab ist der Name eines den Israeliten stammverwandten, aber feindlichen Volksstammes und des von ihm bewohnten Landes. — 1) Das Land der Moabiter, im Westen an das Tote Meer grenzend, im Süden bis zum Wadi el-Hasa (= Weidenbach Jes. 15, 7) reichend, hat nach Osten zu keine feste Grenze und geht hier allmählich in die Wüste über; im allgemeinen reicht es bis zu der großen, von Norden nach Süden laufenden Pilgerstraße; in der späten römischen Kaiserzeit war es durch einen mit Kastellen versehenen Grenzwall gegen die Beduinen geschützt. Die Nordgrenze schwankte. Es reichte zuzeiten über das Nordende des Toten Meeres hinaus: Jaser war die nördlichste Stadt und das Jordantal östlich vom Unterlauf hieß „Gefilde Moabs“. Später schied der Arnon das moabitische und israelitische Gebiet, ohne daß der Kampf um die nördlichen Teile aufgehört hätte. — Das Land ist seiner natürlichen Beschaffenheit nach eine Hochebene, in deren Charakter der Arnon keine Scheidung bedeutet. In dem nördlichen Teil des Gebiets zieht sich eine schmale Hochebene von der Gegend von es-Salt bis zur Gegend des Wadi Zerka Main in der Höhe von 1090 m (im Norden) bis 860 m (im Süden), das südliche Moab hat in der Hauptsache die gleiche Beschaffenheit, nur daß die Höhe südlich vom Arnon bedeutend ansteigt, vielfach über 1000 m, bei Dschafar 1200, südlich von Kerak bei Kutrabbe 1240m, und daß die Hochebene hier durch tief eingeschnittene, schwindelerregende Schluchten zerrissen ist, durch die des Wadi Kerak, des Wadi el Modschib (= Arnon), dessen Felsenwände 700 m und mehr Höhe haben, und des in der Bibel nicht genannten Wadi Zerka Main (Kalirrhoe bei Josephus). Diese Einschnitte unterscheiden das südliche Moab vor allem von dem Gebiet weiter nördlich, das im Alten Testament als die „Ebene“ neben Gilead und Basan zur Bezeichnung des israelitischen Ostjordanlandes erwähnt wird (5 Mo. 3, 10 u. ö.). Im übrigen ist die Hochebene auch hier die gleiche: sie besteht aus Kreidekalk, der auf rotem nubischem Sandstein aufgelagert ist (vgl. Abb. 166); da u. dort findet sich Basalt u. heiße schwefelhaltige Quellen, wie die von Kalirrhoe am untern Wadi Zerka Main, in denen Herodes d. Gr. in seiner letzten Krankheit Heilung suchte. Die Hochebene ist baumlos u. quellenarm, aber bei reichlichen Niederschlägen sehr fruchtbar, nicht bloß einst und jetzt gutes Weideland — so wird sie heute von den Beduinen vor allem benützt — sondern auch für Getreide-, Obstund Weinbau ausgezeichnet: ihr Weizen war einst berühmt (Hes. 27, 17). Sie hat glühend heiße Sommer, aber kühle Winter, oft mit reichlichem Schneefall. Der Abfall der Hochebene im Norden gegen Jordantal und Totes Meer wird mit dem Namen des Gebirgs Abarim bezeichnet; in dieser Gegend liegt auch der Nebo. Die Wadis im Süden tragen in ihrem tiefen Grund eine üppige, halbtropische Vegetation. — 2) Das Volk der Moabiter wird auf Lot zurückgeführt (1 Mo. 19), und es galt den Israeliten demnach wie das der Ammoniter als verwandt. Es ließ sich mit dem Brudervolk der Ammoniter auf dem Hochland östlich vom Toten Meer und Jordan nieder und rottete die Urbevölkerung, die Emim, aus (5 Mo. 2, 10 f.). Eine klare Grenzlinie zwischen Ammon und M. läßt sich für diese Zeit nicht angeben; namentlich ist nicht klar, wie weit sich das Gebiet M.s nördlich vom Arnon ausdehnte: Ri. 11, 13 nämlich behaupten die Ammoniter, sie hätten zwischen Arnon und Jabbok gewohnt, und doch heißt 4 Mo. 21, 20 die Hochebene nördlich vom Arnon, im Osten des Pisga-Gebirges, das Feld M. und 4 Mo. 22, 1; 26, 3, u. ö. heißt die Ebene am Jordan gegenüber von Jericho Gefilde M.s, eigentlich Steppen M.s, überhaupt das ganze Land nördlich vom Arnon mitunter Land M., 5 Mo. 1, 5; 29, 1 u. ö. Kurz vor der Einwanderung der Israeliten wurden die M. jedenfalls von den Amoritern unter Sihon aus der Landschaft nördl. vom Arnon verdrängt, 4 Mo. 21, 26. Seitdem beschränkte sich ihr Gebiet auf das Land zwischen dem Weidenbach oder Wadi el Hasa und dem Arnon. Die Israeliten kamen als Freunde (5 Mo. 2, 9) und umzogen daher das Land im Osten; als sie sich aber im Norden des Arnon niederließen, wurden die M. feindseliger. Balak, ihr König, nahm zu den Zaubersprüchen Bileams gegen sie seine Zuflucht. Mit den Midianitern zusammen verführten sie dann nach Bileams Rat die Israeliten zu ihren unzüchtigen Götzen opfermahlen, 4 Mo. 25, weshalb dem Volk untersagt wurde, in freundschaftliche Beziehungen zu ihnen zu treten und Moabiter in die Gemeinde des Herrn aufzunehmen, 5 Mo. 23, 4–6. Übrigens blieben wohl zahlreiche Moabiter auch nach der israelitischen Besetzung des Landes im Gebiet Rubens und Gads. Obgleich von Israel bis dahin nie eigentlich bekämpft, zeigten sie sich auch später feindselig. In der Richterzeit machte sich ihr König Eglon Ruben und Gad dienstbar, eroberte Jericho, und legte von da aus 18 Jahre dem Volk Israel sein Joch auf, bis er durch Ehud ermordet und das moabitische Joch völlig abgeschüttelt wurde, Ri. 3, 12 ff. Wenn auch mitunter freundlichere Verhältnisse eintraten (vgl. Ru. 1, 1 ff.; 1 Sa. 22, 3. 4; Jer. 40, 11), blieb doch die Feindschaft beider Völker das Gewöhnliche; so unter Saul, 1 Sa. 14, 47, unter David, 2 Sa. 8, 2, der sie nach dieser Stelle in härtester Weise unterwarf. Wie lange diese Herrschaft über die M. Davids Regierungszeit überdauerte, wissen wir nicht. Omri hielt die Moabiter nach der Inschrift Mesas mit starker Hand nieder. Nach Ahabs Tod, nach der Mesa-Inschrift schon zu seinen Lebzeiten, sielen sie ab (2 Kö. 1, 1; 4. 5). Mesa eroberte Medaba, Baal Meon, Kirjathaim, Ataroth und Nebo zurück; ein Versuch des Königs von Israel, M. wieder zu unterwerfen, scheiterte. Über den 2 Chron. 20 berichteten Heereszug, in dem manche Gelehrte nur eine Umbildung des 2 Kö. 3 Berichteten sehen wollen, s. d. Art. Josaphat. Joram von Israel versuchte dann im Bund mit Josaphat und den Edomitern sie wieder zu unterwerfen, mußte aber trotz der anfänglichen Erfolge von Kir Hareseth unverrichteter Dinge abziehen, 2 Kö. 3, 4 ff. (vgl. Mesa). Unter Joas machten sie wieder einen glücklichen Streifzug ins Land, 2 Kö. 13, 20. Jerobeam II. sicherte die Grenze gegen sie bis ans Meer, das im blachen Felde liegt (wörtl. das Meer der Arabah, d. i. der Steppe), d. h. bis ans Tote Meer, 2 Kö. 14, 25. Darnach scheint es, daß Jerobeam II. die Herrschaft über Moab nicht erneuert habe. Das scheint auch Am. 6, 14 zu bestätigen, wenn der dort erwähnte „Bach in der Wüste“ (wörtl. Steppenbach) am Nordende des Toten Meeres zu suchen ist (etwa der W. Suweme). (Andere Erklärer denken Am. 6, 14 allerdings an das Tal der Steppe, die Araba, im Süden des Toten Meers oder an den als Südgrenze Moabs erwähnten Weidenbach Wadi Hasa.) Den Assyrern mußten auch die Moabiter sich nach dem Zeugnis der Keilinschriften unterwerfen. Erstmals erscheinen sie den Assyrern tributpflichtig nach Tiglathpilesars Feldzug 732 unter ihrem König Salman; 701 wird ihr König Kamosnadab als Vasall Sanheribs genannt, später Musuri unter Asarhaddon neben Ahas, Hiskia und Manasse als tributpflichtig aufgeführt. Gegen das Reich Juda bewiesen sie sich in den letzten Jahrzehnten desselben wiederholt feindselig, 2 Kö. 24, 2; Ze. 2, 8 ff., und wenn sie auch drunter hinein Zedekia zum Abfall von Babel antrieben (Jer. 27, 1 ff.), wurden sie doch Verbündete der Chaldäer, die sich des Untergangs Jerusalems freuten (Hes. 25, 8). Kein Wunder, daß ihnen sehr oft die Propheten das Gericht ankündigen (Jes. 11, 14; K. 15 und 16; 25, 10; Am. 2, 1 ff.; Ze. 2, 8 ff.; Jer. 9, 25; 25, 21; K. 48). In diesen prophetischen Stellen ist manches dunkel: Jes. 15 u. 16 wird als ein altes, von Jesaja übernommenes Orakel angesehen, das von einer schweren Bedrängnis der M. durch einen Feind aus dem Norden im Ton des Mitgefühls handelt. Der Feind aus dem Norden könnte Jerobeam II. sein (vgl. 2 Kö. 14, 25). Dann wird aber die Bitte um Hilfe von dem König von Juda abgelehnt und M. ein „gewaltig hochfahrender Stolz, Hochmut, Stolz und Übermut und Verlogenheit“ vorgeworfen (Jes. 16, 6) und ihm eine schwere Heimsuchung (etwa durch Tiglathpilesar) in Aussicht gestellt. (Andere verstehen Jes. 15. 16, ohne durchschlagenden Grund, von dem Einbruch der Araber in M. im 6. Jahrh. und sprechen diese Kapitel dem Jesaja ab, vgl. Kautzsch z. St.) Jes. 25, 10 gehört zu einem Abschnitt (24–27), der allgemein einer späteren Zeit zugewiesen wird: in dieser Zeit war M. gar nicht mehr der Feind; der Name dient hier vielleicht zur Bezeichnung der arabischen Bewohner des Landes. Ob, wie Josephus erzählt, Nebukadnezar M. auf seinem Zug nach Ägypten unterwarf, wissen wir nicht. In der nachexilischen Zeit verschwinden die M., wenn sie auch noch Esra 9, 1 ff.; Ne. 13, 1 erwähnt werden. In der Zeit nach Nehemia drangen arabische Stämme, namentlich die Nabatäer in das Ostjordanland ein. Wenn Da. 11, 41 Edom, Moab und Ammon erwähnt werden, so ist das altertümlicher Sprachgebrauch. Die Makkabäerfürsten wie Alexander Jannäus hatten im Ostjordanland nicht mehr mit den Moabitern, sondern mit den Nabatäern zu kämpfen. Ihnen nahm Alexander Jannäus die alten Moabiterstädte Medaba, Horonaim u. a. weg; auch Hesbon erwarb er dauernd. Zur Zeit des Neuen Testamentes reichte die jüdische Landschaft Peräa im Süden bis zum Arnon, Moabitis war im Besitz der Nabatäer, bis deren Reich 106 n. Chr. vernichtet wurde. Unter der römischen Herrschaft erlangte das Gebiet, wie der ganze Osten eine Blüte, von der noch heute manche Trümmer Zeugnis geben. — Über die Religion und Kultur der M. ist wenig sicher bekannt. Ihr Hauptgott war Kamos (1 Kö. 11, 7. 33; 2 Kö. 23, 13; 4 Mo. 21, 29; Jer. 48, 16), der nach der Mesa-Inschrift als der Herr und Beschützer Moabs erscheint, dem etwaige andere Götter untergeordnet waren. 2 Kö. 3 zeigt, daß ihm auch Menschenopfer dargebracht wurden. Eine andere moabitische Gottheit war Baal Peor, oder Peor, in dessen Dienst sich die Frauen preisgaben, 4 Mo. 25. Daß Baal Peor, d. h. der Baal der Stadt Peor mit Kamos identisch gewesen, ist unerweislich; noch mehr, daß der Ammonitergott Milkom dieselbe Gottheit war. In einer dunkeln Stelle der Mesa-Inschrift ist vielleicht die Rede von einer weiblichen Gottheit, die ihm zur Seite gestellt wurde, der „Aschtor oder Astarte des Kamos“. Die Mesa-Inschrift (Abb. 243), die 1868 entdeckt wurde, beweist in mancher Hinsicht für frühe Zeit eine nicht unbedeutende Höhe der äußeren Kultur. Aber die religiöse und sittliche Entwicklung blieb tief unter der Israels. Edlere Züge finden sich in dem Bild der Moabiter nirgends, nicht einmal deutliche Beweise besonderer Tapferkeit und Kriegstüchtigkeit.
J. Frohnmeyer.
About Calwer Bibellexikon: Biblisches Handwörterbuch illustriertDas Calwer Bibellexikon ist einer der bekanntesten Namen unter den deutschsprachigen Bibellexika. Laut Vorwort ist es als ein Handbuch für den nachdenkenden Bibelleser, Geistlichen oder Religionslehrer gedacht. Das Nachschlagewerk soll es dem Leser ermöglichen, ein „eben gelesenes Bibelwort als ein Glied in das ganze Gebäude seiner biblischen Anschauungs- und Gedankenwelt“ einzufügen. Der Herausgeber Paul Zeller merkt zudem an, das Werk sei „in dem einen Geist demütiger Ehrfurcht vor dem Worte Gottes und herzlicher Liebe zu der heiligen Schrift“ entstanden (Vorwort 2. Aufl.). Das Calwer Bibellexikon erschien zum ersten Mal im Jahr 1884, die zweite Auflage 1893, beide erfreuten sich großer Nachfrage. Die hier verfügbare dritte Auflage (1912) ist das Ergebnis einer umfassenderen Umarbeitung und teils auch Verkürzung. Der Herausgeber und die Mitwirkenden stammten zumeist aus der Württembergischen Landeskirche und der Schweiz. Bekannt war es auch unter dem alternativen Titel „Biblisches Handwörterbuch, illustriert“. |
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