The Future of Bible Study Is Here.
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Wahrsager, Wahrsagerei. 1) Allgemeines Wesen. Unter Wahrsagerei versteht man die Versuche und Bemühungen, ein höheres, durch die natürlichen Mittel der Erkenntnis nicht erreichbares Wissen auf Außerordentlichem Wege zu erlangen, sei es durch Deutung gewisser von der Gottheit gegebener Zeichen, sei es durch Mitteilungen übermenschlicher, geistiger Mächte, denen man sich hingibt, oder die man sich dienstbar zu machen weiss. Das der W. zu Grunde liegende Bedürfnis nach Aufklärung über die Gedanken und Ratschlüsse der die menschlichen Geschicke lenkenden Gottheit ist an sich nicht verwerflich. Durch seine Offenbarung hat Gott selber dieses Bedürfnis befriedigt und seine Berechtigung anerkannt. Auch in dem Gedanken eines zwischen der Gottheit und den Menschen bestehenden Verkehres und göttlicher Kundgebungeu an die Menschen liegt eine Wahrheit. Aber es verhält sich mit der W. wie mit der heidnischen Abgötterei, mit der sie zusammenhängt Die letztere beruht aus einem echten, dem unaustilgbaren relig. Bedürfnis, und auf der relig. Grundwahrheit, daß die Menschen von der Gottheit abhängig und auf sie angewiesen sind. Aber sie ist eine falsche Art der Befriedigung jenes Bedürfnisses und eine Verkehrung und Entstellung der relig. Wahrheit. So sucht auch die W. ein ursprünglich berechtigtes Bedürfnis in falscher Weise zu befriedigen, indem sie die Erscheinungen, die ihr Kundgebung göttlicher Gedanken und Enthüllung des Verborgenen sein sollen, willkürlich nach menschlicher Meinung bestimmt und entstellt. Sie verkehrt so den Gedanken von einem Offenbarungsverkehr zwischen der Gottheit und den Menschen, indem sie denselben sich vollziehen läßt durch allerlei zufällige Erscheinungen und das, was nur freie Mitteilung Gottes an den Menschen sein kann, selber zu erzeugen und zu erzwingen sucht. Ist die Abgötterei das durch menschliche Verkehrtheit hervorgebrachte Zerrbild des wahren Gottesdienstes, so ist die W. das derselben Verkehrtheit entstammende Zerrbild des zwischen Gott u. Menschen bestehenden Offenbarungsverkehres. Verhältnismässig unschuldig ist diejenige W., die einfach gegebene, von menschlichem Tun unabhängige Erscheinungen deutet, aber ihre Verwerflichkeit steigert sich je mehr sie sich der Zauberei nähert und in dieselbe übergeht. Diese entspringt dem frevelhaften Streben, mit Durchbrechung der dem Menschen gesetzten natürlichen Schranken in ein ihm verwehrtes Gebiet einzudringen und solche Wirkungen, welche nach dem natürlichen, gottgeordneten Gang der Dinge nicht eintreten können und sollen, mit Hilfe übermenschlicher Kräfte zu erzwingen (vgl. Zauberei). Den Übergang zur zauberischen W. bildet diejenige auf Grund künstlich hervorgebrachter Zeichen. Hier wartet der Mensch nicht auf die Zeichen der Gottheit, sondern er nötigt dieselbe, solche zn geben. Zauberisch sind sodann die Bestrebungen, sich zum Organ irgend einer heidnischen Gottheit zu machen, da man, soweit nicht Irrtum oder Täuschung vorliegt, bei den hierher gehörigen Erscheinungen doch nur an dämonische Einflüsse denken kann, deren Hilfe der Mensch in Anspruch nimmt, sowie, wofern sie nicht einfacher Betrug sind, die Toten besch wörugen. — 2) Die in der Bibel vorkommenden Formen von W. a. Die einfache Deutung gegebener Zeichen kommt vor als Traumdeutung, 1 Mo. 41, 8; Da. 2, 2 ff.; 4, 3 f. (vgl. Art. Traum), als Sterndentung, vorausgesetzt, daß die Erklärung des Da. 2, 27; 4, 4; 5, 11 vorkommenden chaldäischen Namens der W. geserin von Sterndeutern richtig ist (s. Sterne), und als Deutung der Beschaffenheit der Eingeweide von Opfertieren, Hes. 21, 26 (vgl. Art. Leber). Unsicher ist, ob hierher das Geschäft der Tagwähler (vgl. den Art.) und derer, „die auf Vogelgeschrei achten“, 3 Mo. 19, 26; 5 Mo. 18, 10, gehört (wie das der römische Augurn, Abb. 374). Denn die Deutung des hebr. nichesch auf Beobachtung der Vögel ist durch die Wortbedeutung nicht gerechtsertigt, die leichter auf einen Verkehr mit Schlangen führen würde; richtiger aber dürfte die Erklärung des Wortes von dem flüsternden Hersagen von Zauberformeln sein (vgl. Jes. 8, 19, „die da zirpen und murmeln“); dann hätte das Wort allgemeinere Bedeutung, wie 1 Mo. 44, 5 angenommen werden muß, wo Luther „weissagen“ übersetzt. Die 3 Mo. 19, 31; 20, 6. 27; 5 Mo. 18, 11 vorkommenden „Zeichendeuter“. hebr. jiddeoni, sind eigentlich „Bielwissenwollende“ oder „kundige Männer“, vielleicht unter die Klasse der Totenbefrager gehörend. b. Von der Wahrsagung auf Grund künstlich hervorgebrachter Zeichen finden wir Spuren in dem Weissagen mittelst des Trintbechers, 1 Mo. 44, 5 (Art. Becher), und dem den Israeliten Hos. 4, 12 gemachten Vorwurf, daß sie sich von ihrem Stab predigen lassen — es scheint dies auf den Gebrauch zu gehen, zwei aufrecht hingestellte Stäbe unter Zaubersprüchen fallen zu lassen und aus der Art, wie sie fielen, Wahrsagung zu entnehmen — sowie in dem Pfeillos des Nebukadnezar, Hes. 21, 26. In letzterer Stelle, wahrscheinlich auch in Hos. 4, 12 („mein Volk fragt sein Holz“) kommt das Befragen der hölzernen Hausgötzen, der teraphim, vor, ohne Andeutung, wie dies geschah. Ebensowenig weiss man Näheres über die Befragung des Baal Sebub in Ekron, 2 Kö. 1, 2 ff. c. Die zauberische Form der Wahrsagung muß besonders häufig gewesen sein als Befragung der Toten. Darauf weist hin das häufig verwendete Wort ob, welches teils den Wahrsagergeist, teils den W., in dem er wohnte, bezeichnet und vorwiegend von der Totenbeschwörung gebraucht wird. So ruft z. B. die Zauberin von Endor vermöge des in ihr wohnenden ob den Samuel aus dem Totenreich, 1 Sa. 28, 3 ff. Luther übersetzt dieses Wort mit Wahrsager in den Stellen 3 Mo. 19, 31; 20, 6. 27; 5 Mo. 18, 11; 1 Sa. 28, 3 ff.; 2 Kö. 21, 6; 23, 24; Jes. 8, 19; 19, 3. Neben dem ob findet sich 5 Mo. 18, 11 noch der auch in vielen andern Stellen neben ihm genannte jiddeoni (vgl. oben unter a.) und der, „welcher die Toten fragt“. Der letztere Ausdruck könnte auf die Sitte gehen, sich auf Grabstätten schlafen zu legen, um im Traum von den Geistern der Abgeschiedenen Offenbarungen zu erlangen. Vgl. Jes. 65, 4, wo das „Wohnen unter den Gräbern“ gleichfalls auf den Verkehr mit den Geistern der Abgeschiedenen hinweist. Ein Beispiel solcher, welche von einem Gott begeistert zu sein vorgaben, bieten die Baalspropheten, 1 Kö. 18, 16–40; 19, 1; 2 Kö. 10, 19. Ob auf letztere Form der Wahrsagung das häufige Wort Qasam besonders zu beziehen ist, muß dahingestellt bleiben. Aus Hes. 21, 26 f. ergibt sich jedenfalls, daß daßelbe auch allgemeinere Bedeutung haben und verschiedene Arten der Wahrsagerei unter sich begreifen kann. Von Luther durch wahrsagen oder weissagen übersetzt, findet sich daßelbe 4 Mo. 22, 7; 23, 23; 5 Mo. 18, 10. 14; Jos. 13, 22; Jes. 3, 2; 44, 25; Hes. 13, 6. 23; 21, 26 f.; Mi. 3, 6. 7. 11; Sach. 10, 2. — 3) Beurteilung der Wahrsagerei in der Schrift. Die W. in allen ihren Formen ist dem Volke Israel in der h. Schrift als ein Greuel vor Gott streng verboten, 2 Mo. 22, 17; 5 Mo. 18, 9–14. In 3 Mo. 20, 6. 27 werden alle, welche sich damit abgeben, mit dem Tode bedroht. Aber der dabei massgebende Gesichtspunkt ist nicht der, daß sie Betrügerei, sondern daß sie heidnisches Unwesen ist, vergl. 3 Mo. 19, 31: „daß ihr nicht an ihnen verunreiniget werdet“. Besonders verwerflich ist die W. für den Israeliten, weil Gott seinem Volke durch seine Offenbarung, durch seine Propheten, das leistet, was die Heiden mit ihrer W. vergeblich erstreben, vgl. 4 Mo. 23, 23 und den Zusammenhang von 5 Mo. 18, 15 ff. mit V. 9–14 (s. Art. Prophet I. 1). Wenn der Israelit zu Wahrsagerkünsten seine Zuflucht nimmt, verleugnet er den seinem Volk von Gott verliehenen Vorzug. Vergl. 2 Kö. 1, 6 und Jes. 8, 19: „soll nicht ein Volk seinen Gott fragen, soll man die Toten für die Lebendigen fragen?“ — Für uns Christen liegt der Ertrag der göttl. Offenbarung in der h. Schrift vor, wozu der uns mittelst des Schriftwortes erleuchtende h. Geist kommt. Alle Bestrebungen, durch geheime Künste (auch durch das Unwesen des Spiritismus) höheres Wissen oder Bestätigung und Beweise für das Christentum zu erlangen, werden daher schon durch das Urteil des A. T.s über die Wahrsagerei gerichtet. Den Christen ist ihr Verhalten zu allen derartigen Bestrebungen vorgezeichnet in Lu. 16, 29. 31. In schwierigen Fällen ist ein Christ zur Beurteilung dessen, was recht und unrecht ist, auf das Wort Gottes und Gebet um Erleuchtung durch den h. Geist angewiesen, vgl. Phi. 1, 9 f.; weiterhin aber hat er, da er in seinem Leben alles, auch das Kleinste, von Gott geordnet weiss, Mt. 10, 29–31, durch nüchterne Prüfung der Verhältnisse sich die Richtung weisen zu lassen. Doch kann Gott seinen Glaubigen auch noch auf besondere Weise, die aber er bestimmt, seinen Willen kund tun, vgl. Ap. 16, 6. 7. 9 f. Auf ein Vorauswissen der Zukunft aber kann und soll ein Christ freudig verzichten, weil er sein ganzes Leben in der Hand Gottes weiss, der alles wohl macht, Mt. 6, 33 und Ps. 23. Die Frage, ob die Wahrsagerkünste nur Lug u. Trug sind, oder ob sie wirklich neue Aufschlüsse geben können, beantwortet die h. Schrift nicht ausdrücklich. Aus der Beurteilung des Götzendiensts durch die Propheten ergibt sich, daß auch die Meinung, von den Gössen Aufschlüsse erhalten zu können, Torheit ist, und Jes. 41, 22–24 bezeugt ihre Unfähigkeit, die Zukunft zu verkündigen. Desgleichen erscheint Hos. 4, 12 das Befragen des Holzes als widersinnig. Auch daß Gott den Heiden manchmal weissagende Träume gibt und daß er nach Hes. 21, 26 f. und 1 Sa. 28, 3 ff. unter Umständen die Wahrsagerei seinen Zwecken dienstbar macht, entscheidet noch nicht dagegen, daß der Schrift Traumdeuterei und W. als Lug und Trug gelten. Zeigen doch gerade die vorkommenden Traumdeutungen, daß zur Deutung göttliche Erleuchtung gehört, welche die Weisen Pharaos und Nebukadnezars nicht besaßen. In 1 Sa. 28, 3 ff. hat man allerdings den Eindruck, daß hier an eine wirkliche Erscheinung eines Verstorbenen gedacht werden soll. Ferner setzt die Erzählung Ap. 16, 16–19 offenbar voraus, daß ein Wahrsagergeist nicht bloß etwas Eingebildetes, sondern etwas Existierendes ist. Nehmen wir dazu 1 Kor. 10, 20, darnach im Heidentum teuflische Mächte wirksam sind, und vergleichen die Kundgebung dieses Geistes der Magd mit denen der Dämonen in Mt. 8, 29; Mk. 3, 11; Lu. 4, 41, sowie die Austreibung jenes mit den Austreibungen dieser, so ergibt sich, daß nach dem Urteil der Schrist mit der W. zwar Betrug verbunden ist, daß aber in ihr auch dieselben geistigen Mächte und teufl. Kräfte wie überhaupt im Heidentum wirksam sind. — 4) Das Verhalten des Volkes Israel zur Wahrsagerei. 4 Mo. 23, 23 rühmt Bileam: „es ist kein Zauberer in Jakob und kein W. in Israel“. Aber dieser der Idee des Volkes Gottes entsprechende Zustand war in Wirklichkeit selten. Schon daß die Stammutter Rahel nach 1 Mo. 31, 19. 30 ff. ihres Vaters teraphim stahl und mitnahm, legt den Gedanken nahe, daß sie der mit dem Dienst dieser Hausgötzen verbundenen Wahrsagerei huldigen wollte. Daß auch Joseph solche getrieben, folgt aus 1 Mo. 44, 5 nicht notwendig. Die Worte des Hausmeisters erklären sich aus der auch V. 15 hervortretenden Absicht, den Joseph als einen Mann höheren Wissens erscheinen zu lassen. Aber jedenfalls beweisen die nachdrücklichen Verbote im Gesetz, 3 Mo. 19, 31; 20, 6. 27; 5 Mo. 18, 9–14, die Neigung des Volkes dazu. Wenn der Ephraimit Micha nach Ri. 17, 5 teraphim (Luther: „Heiligtum“) machte, so mag auch er die Absicht, ein Orakel zu besitzen, dabei gehabt haben. Daß die W. in der Richterzeit getrieben wurde, und daß Sauls Eifer das Unwesen nicht ganz auszurotten vermochte, erhellt aus 1 Sa. 28, 3. 9. Später finden wir im Reich Israel zu verschiedenen Zeiten zahlreiche Baalspropheten, 1 Kö. 18, 16 ff.; 19, 1; 2 Kö. 10, 19; Jer. 23, 13; Ahasja wendet sich 2 Kö. 1, 2 ff. an Baal-Sebub in Ekron, und Hos. 4, 12 zeigt, wie allgemein und öffentlich die W. getrieben wurde, vgl. 2 Kö. 17, 17. Auf das Überhandnehmen derselben in Juda weist Jes. 2, 6 hin. Später zeichnete sich Manasse durch Pflege der Wahrsagerei aus, 2 Kö. 21, 6; 2 Chr. 33, 6. Die Reformation Josias suchte zwar das Land von W. und Zeichendeutern zu säubern, 2 Kö. 23, 24, doch erwähnt schon wieder Jeremia Wahrsager unter den weggeführten Juden, Jer. 29, 8. Das Gericht der Zerstörung Jerusalems und der babylon. Gefangenschaft, durch das dem eigentl. Götzendienst unter den Juden der Todestoß gegeben war, hat das Volk von der Neigung zur W. nicht geheilt, s. Sach. 10, 2, vorausgesetzt, daß dieses Stück (vgl. Art. Sacharja) in die nachexilische Zeit gehört. Jedenfalls haben nach Außerbiblischen Schriftstellern zur Zeit des röm. Kaiserreichs sich viele wahrsagende und zaubernde Juden herumgetrieben, wie auch Ap. 8, 9 ff.; 13, 6; 19, 14 solche erwähnt. Daß auch die jungen Christengemeinden vor der Versuchung zu unerlaubten Künsten nicht sicher waren, zeigen Ga. 5, 20; Off. 22, 15.
Th. Öhler.
Abb. 374. Römischer Augur.
About Calwer Bibellexikon: Biblisches Handwörterbuch illustriertDas Calwer Bibellexikon ist einer der bekanntesten Namen unter den deutschsprachigen Bibellexika. Laut Vorwort ist es als ein Handbuch für den nachdenkenden Bibelleser, Geistlichen oder Religionslehrer gedacht. Das Nachschlagewerk soll es dem Leser ermöglichen, ein „eben gelesenes Bibelwort als ein Glied in das ganze Gebäude seiner biblischen Anschauungs- und Gedankenwelt“ einzufügen. Der Herausgeber Paul Zeller merkt zudem an, das Werk sei „in dem einen Geist demütiger Ehrfurcht vor dem Worte Gottes und herzlicher Liebe zu der heiligen Schrift“ entstanden (Vorwort 2. Aufl.). Das Calwer Bibellexikon erschien zum ersten Mal im Jahr 1884, die zweite Auflage 1893, beide erfreuten sich großer Nachfrage. Die hier verfügbare dritte Auflage (1912) ist das Ergebnis einer umfassenderen Umarbeitung und teils auch Verkürzung. Der Herausgeber und die Mitwirkenden stammten zumeist aus der Württembergischen Landeskirche und der Schweiz. Bekannt war es auch unter dem alternativen Titel „Biblisches Handwörterbuch, illustriert“. |
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