Sinear (eigentlich Schinʽar, bezw., da das Ajin oft härter ausgesprochen wird, Schinghar) war nach 1 Mo. 10, 10 das Land, worin die Städte Babel, Erech, Akkad und Nippur lagen, nach 1 Mo. 11, 2 (als sie aus dem Osten, d. h. vom Landungsberg der Arche, nach Weiten zogen) das ebene Land im Westen des Zagrosgebirgs und seiner Vorberge, worin (11, 9) die Stadt Babel lag, und nach 14, 1 u. 9 (s. dazu die Wiederherstellung des Textes auf S. 64) das Gebiet des Königs Amraph (Hammurapi), über welches der König von Larsa die Oberhoheit ausübte, also wohl Nordbabylonien (hier vielleicht mit Ausschluß von Erech). Die Stelle Jes. 11, 11 nennt nacheinander Assur, Ägypten, Pathros (Oberägypten), Kusch (Äthiopien und Arabien), Elam, Sinear, Hamath, wonach also Sinear Babylonien u. Mesopotamien umfassend gedacht war. Ebenso scheint dem Zusammenhang nach mit dem Haus, das dem Epha mit dem darin sitzenden Weib in Sinear gebaut werden soll, ein babylonischer Tempel in Aussicht genommen zu sein, wie ja sicher Da. 1, 2 mit dem Land Sinear als dem Land der Wegführung Babylonien gemeint ist. Nach alledem war natürlich der Jos. 7, 21 als Beute Jerichos genannte Mantel von Sinear (Luther: köstlicher babyl. Mantel) ein nach babyl. Art gewirktes oder geradezu von dort her importiertes Gewandstück. Obwohl dem alten Namen für Südbabylonien u. Chaldäa, Sumir, ein älteres Schingir zugrunde zu liegen scheint (vgl. auch den heutigen Namen der Ruinenstätte von Larsa, Senkereh), so wird doch der Gleichklang mit Sinear (urspr. Singar), das ja hauptsächlich Nordbabylonien (mit Einschluß von Mesopotamien) bezeichnete, nur auf Zufall beruhen. Vielmehr ist die Gegend des Sindjargebirgs westlich von Mosul und südöstl. von Harran, das Singara der Klassiker, zumal auch schon Hammurapi dieses Gebiet, wie eine dorther stammende Kontrakttafel beweist, besaß, heranzuziehen, das Land Schanchar der Tell-el-Amarnatafeln, was auch auf den Tafeln von Boghaskiöi nach Assur und Babel erwähnt wird. Da unter den Geschenken, welche der Pharao Thutmes III. von den Königen von Asur, Arrapachitis u. Sangar bekam, des öfteren der „Blaustein (Lapis lazuli) von Babel“ genannt wird, während Geschenke des Königs von Babel nicht erwähnt werden, so liegt es schon deshalb sehr nahe, auch hier unter Sangar Babylonien oder wenigstens den nördlichen Teil desselben zu verstehen, eben das bibl. Sinear.

F. Hommel.